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will nur die Blicke auf sich lenken,
Chic und Lebendigkeit, selbst
Frechheit, so weit sie noch unter
dem Schutze der Grazie steht,
bilden die Grundzüge ihres Wesens.
Die rasche Bewegung, die das
Auge von der Ruhe des Milieus
ablenken muss, führt den Stift des
Künstlers an die äussersten Grenzen
der Form. Und er überschreitet
sie selbst mit der Kühnheit der
Caricatur und gibt ihr die Fri-
volität der Excentrique. Aber das
ganze reiche Leben der Nerven,
auf welche das Placat durch die
Momentsuggestion wirken soll,
webt in dieser Kunst. Sie ist die
letzte Ausstrahlung unseres mo-
dernen Empfindens. Sie ist die
kunstgewordene Aeusserung unserer
Subtilität, für deren überfeinerte
Bedürfnisse die todten Dinge ein
eigenes Leben gewinnen, für welche
der Duft der Parfums, die Farbe
der Gobelins und das Geräusch
knisternder Seidenstoffe ihre eigene
Poesie und ihre eigenen Stim-
mungen haben. Sie ist nicht die
Kunst für uns, sondern für unser
Milieu, für die Dinge, die um uns
sind. Und darum mochte sie in un-
serer modernen Cultur und nament-
lich bei den Franzosen und Eng-
ländern zu sieghafter Selbstständig-
keit und einem eigenen Kunstzweig
emporblühen.
Paul Wilhelm
.
Thorwaldsen’s Darstel-
lung des Menschen. Von Dr.
Julius Lange. Deutsch von
Math. Mann. Berlin bei Georg
Siemens.
Wir treten sichtlich wieder in
die Zeichen anderer Ideale in der
Kunst. Die Künstler wenden sich
von jenem als Endzweck unfrucht-
baren Naturalismus immer mehr,
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sie haben es verstehen gelernt,
wie wenig nur von Allem, was
uns umlebt, selbst das beste
Können hier auszudrücken vermag,
und so suchen sie nach dem, was
höher ist. Sie heben den Blick
wieder nach oben, und mit den
starken Mitteln, welche ihm der
Weg durch eine exacte Kunst ge-
geben, drängt dieser neue Styl dem
Classicismus zu.
Er gleicht in Vielem der Empire-
bewegung zu Anfang des Jahr-
hunderts, nur dass das, was da-
mals ein objectiver, schematischer
Idealismus war, ein Idealismus aus
der Perspective einer grossen, be-
wusst archaïsirenden Zeit, heute
mehr subjective Färbung trägt
und zu einem Neu-Idealismus wird,
in dem die Individualität des
Künstlers die grosse selbstständige
Note gibt. Man denke an Carstens
und an Thorwaldsen einerseits,
über dessen idealisirte Büsten G.
Bindesböll, der feinsinnige Architekt
des Thorwaldsen - Museums, die
treffenden Worte gesagt, dass man
das Auge haben müsse für die
antike oder die allgemeine Idee,
um den Kern ihres Styles zu er-
kennen, oder an David, und
andererseits an Klinger und Böcklin.
Damals stand man der Linie
der Antike näher, heute ihrem
Geiste.
Mit der Sympathie der bildenden
Kunst greift auch das Kunstge-
werbe auf jene Zeit zurück, die
Architektur sucht Eierstab, Mä-
ander, Trygliphen und Schuppen-
ketten wieder vor, und die kunst-
historische Forschung stützt diesen
ganzen Drang durch manche schöne
Gabe.
Und eine solche ist auch Lange’s
Thorwaldsen-Werk. Mit feinstem
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