Wiener Rundschau: Jg. 1, Bd. 1, Nr. 8, S. 314
Text
den posthypnotischen Befehl — ordre — zu geben, zu jener Zeit von
selbst wieder zu Puységur nach Buzancy zu kommen. Auch von einer
ungebildeten Frau wurde Puységur über den posthypnotischen Befehl
belehrt. Sie hatte sich Bäder verordnet, und er mahnte sie, darauf
nicht zu vergessen. »Es liegt nur an Ihnen,« sagte sie, »dass ich es
nicht vergesse.« — »Wie so?« — »Befehlen Sie es mir sehr bestimmt,
bevor Sie mir die Augen öffnen.« — »Werden Sie sich alsdann er-
innern?— »Es wird mehr als Erinnerung sein, eine Verpflichtung,
eine Nothwendigkeit. Ich werde genöthigt sein, sie zu nehmen.« Er
legte ihr nun die Hand auf die Stirne und übertrug ihr mit festem
Willen den Befehl. »Es ist gut,« sagte sie, »das genügt, Sie können nun
ganz beruhigt sein.«1) Auch die von Puységur Unterrichteten wandten
nun dieses Verfahren an. Von einer derselben schreibt er: »Wenn
Ribault es nicht vergisst, ihr magnetisch seinen Willen aufzudrängen,
dass sie sich überwinden solle, Nahrung zu nehmen, so ist sie darauf
im Normalzustand gezwungen, ihm zu gehorchen, und bereitet sich das
Nöthige. Wenn aber Ribault diese Formalität vergisst, was manchmal
der Fall ist, so isst sie nichts, und bei der nächsten Sitzung machen
sie sich dann gegenseitig Vorwürfe.2) Die neueste Entdeckung der
Medicin ist also eine sehr alte Entdeckung der Somnambulen und
ihrer Magnetiseure, und die Aerzte, welche über Mesmer und Puységur
lachten, statt sie zu studiren, haben zwar nicht vermocht, eine Wahr-
heit zu unterdrücken, wohl aber ihre Anerkennung um ein Jahrhundert
aufzuhalten.
1) Bibliothèque du magnétisme animal. XI., 16. — 2) Bibliothèque du
magnétisme animal. VII., 46.
(Schluss folgt.)
Zitiervorschlag
Wiener Rundschau: Jg. 1, Bd. 1, Nr. 8, S. 314, in: Wiener Rundschau Digital (1896–1901), herausgegeben vom Austrian Centre for Digital Humanities (ACDH), Wien 2025 (https://acdh-oeaw.github.io/wiener-rundschau-static/WR-01-01-08_n0314.html)