Wiener Rundschau: Jg. 1, Bd. 1, Nr. 10, S. 376
Text
Drei Fackeln an des Parkes Gitter brannten,
Darin er schritt in weissem Seidenkleid;
Die Stimmen nahten die nur ihm gesandten,
Durch das Gewölb der grossen Dunkelheit.
Die Stille wuchs wie ein verhalt’nes Schrein,
Pest zog und Irrsinn durch die Abendstunde;
Die Büsserin aus Holz und Elfenbein
Zeigt auf der Brust ihm ihre offne Wunde
Gleich vielen Strahlen die auf rundem Stahl
Die Helle wecken, wehts ihm von der Erde;
Uralter Völker Herrschaft und Verfall
Klingt ihm im Blut und wird ihm zur Geberde.
Was in den Fernen aufwächst und verdorrt,
Umschwebt ihn aus dem Neigen der Syringen.
Die Zeiten die gewesen weckt sein Wort,
Ihr Duften kreist um ihn ihm tönt ihr Klingen.
Das Leuchten das auf allen Dingen ruht,
Macht ihm zur Wahrheit, was die Andern träumen;
In seiner Seele schlägt die kalte Gluth
Der Wasser auf die aus den Schachten schäumen.
Wien. Felix Rappaport.
Zitiervorschlag
Wiener Rundschau: Jg. 1, Bd. 1, Nr. 10, S. 376, in: Wiener Rundschau Digital (1896–1901), herausgegeben vom Austrian Centre for Digital Humanities (ACDH), Wien 2025 (https://acdh-oeaw.github.io/wiener-rundschau-static/WR-01-01-10_n0376.html)