Wiener Rundschau: Jg. 1, Bd. 2, Nr. 16, S. 633
Charlotte Wolter (Schik, F.)
Text
die Wolter längst stehengeblieben war, sondern an dem fictiven Punkte,
wo die nicht vorhandene unmittelbare Vorgängerin heute stehen würde.
Charlotte Wolter war, wie in ihrer besten Rolle, auch in der
Kunst eine Nachtwandlerin, die auf den ungangbarsten Wegen mit
unheimlicher Sicherheit auftrat, der man lauschen konnte, was sie sprach,
ohne dass sie sich selbst hörte und verstand, die aber, wenn sie den
Ruf der fortschreitenden Zeit vernommen hätte, jäh abgestürzt wäre.
Sie war eine Königin, wie Lady Macbeth, ohne Nachkommenschaft:
nicht die Stammmutter eines neuen Kunstgeschlechtes.
Zitiervorschlag
Wiener Rundschau: Jg. 1, Bd. 2, Nr. 16, S. 633, in: Wiener Rundschau Digital (1896–1901), herausgegeben vom Austrian Centre for Digital Humanities (ACDH), Wien 2025 (https://acdh-oeaw.github.io/wiener-rundschau-static/WR-01-02-16_n0633.html)