Wiener Rundschau: Jg. 2, Bd. 3/4, Nr. 1, S. 4

Der Herbst (Fuchs, Georg)

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Wiener Rundschau: Jg. 2, Bd. 3/4, Nr. 1, S. 4

Text

4 FUCHS.

Und schon fidelt es drauss auf erleuchtetem Plan
Und tritt und schlürfet im Tanze,
Da prasselt der Wimpel, da schwählet der Span,
Da lächelt die Jungfer im Kranze.
Vom bebänderten Baume gebreitet zum Kreis,
Auf beflitterten Schnüren gezogen,
Schwingt Kürbis, Hagebutten und Mais
Mit Aepfeln und Blumen im Bogen.
Die Holde führt des Knaben Arm,
Die Sträubende zu biegen,
Er drängt sie aus dem tollen Schwarm
Mit Küssen und mit Schmiegen.
Ihr Kosen glüht von Scham und Dank,
Er trägt sie in die Grotte,
Der Gürtel springt von Hüften blank,
Er pranget gleich dem Gotte.

Der Vater mit dem Sänger anbetend.

Der du Reiz und Kraft gepaaret,
Der du alle Samen säst,
Der du der Heerden Stamm geschaaret,
Der du Brut und Keime blähst,
Der du lind im Lenze stammelst,
Rauschend dich im Regen regst,
Die Gestirne stet versammelst,
Um dein Herze warm bewegst,
Der du Blut und Blüte letzest,
Brüsten volle Tränke giessest,
Der du hoch die Sonnen setzest,
Verschwiegnen Schooss mit Lust erschliessest:
Allbewegend rollt dein Ruf;
Vor dir beben unsre Glieder,
Vor dir danken unsre Lieder,
Die dem Sohn dein Odem schuf,
Deine Wiederkunft zu künden.
Wir bringen Guss und Opfer dar:
Des Lebens Lichter zu entzünden,
Wandelst du uns Jahr um Jahr.

Zitiervorschlag

Wiener Rundschau: Jg. 2, Bd. 3/4, Nr. 1, S. 4, in: Wiener Rundschau Digital (1896–1901), herausgegeben vom Austrian Centre for Digital Humanities (ACDH), Wien 2025 (https://acdh-oeaw.github.io/wiener-rundschau-static/WR-02-01-01_n0004.html)