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etwas Neues zu sagen haben. Der
gewissenhafte Fleiss allein, durch
den sich das Lautenburg’sche En-
semble auszeichnet, genügt nicht,
um in die vielen, noch unentdeckten,
geheimnissvollen Gebiete der Ibsen-
schen Stücke vorzudringen. Zu
deren schauspielerischer Ausge-
staltung können Darsteller, die
im Neuen Theater in Berlin im
Dienste des französischen Schwankes
stehen und darin brilliren, nicht
beitragen. Mit solchen ist es un-
möglich, das Niveau der Ibsen-
Auffassung zu heben, vielmehr wird
die Schwerkraft ihrer gewohnten
schauspielerischen Ausdrucksmittel
jede Dichtung in die Kategorie der
Stücke alter Ordnung rücken.
Unter den Gästen deutete einzig
Herr Jarno, der den jungen
Gregor Werle spielte, den Weg an,
der zu neuen Ausblicken leiten
könnte. Alle Anderen boten sehr
verständige Leistungen, führten aber
weder im Ganzen, noch im Detail
weiter. Die Inscenirung der äusseren
Umrisse des Dramas zeugte von
Intelligenz.
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Marie Geistinger, die sich
vor mehr als einem Jahrzehnte von
der Bühne zurückgezogen hatte,
weil ihr das Komödiespielen kein
Vergnügen mehr machte und deren
Name seither so oft bei sentimen-
talen Theaterrückblicken genannt
wurde, hat nun wieder seit Wochen
ihre Meisterschaft in Wien bewun-
dern lassen. Während im Drama
die Darstellungsmittel einer gedeih-
lichen Reformation zustreben, sind
sie in der Operette und Posse
immer mehr depravirt. Hier war
die Vergangenheit moderner als
die Gegenwart, und Marie Geistinger
ist noch immer die souveräne Be-
herrscherin aller ihrer Nachfolge-
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rinnen geblieben. Neben ihr auf
der Scene erscheint auch die
jüngste Vertreterin des sogenannten
leichten Genres veraltet, roh und
derb. Die Aufnahme, die sie in
dieser Saison im Theater an der
Wien, im Deutschen Volkstheater
und jetzt im Carltheater gefunden,
wird ihre Schaffenskraft noch auf
lange hinaus frisch erhalten. Es
würde den Wienern viele Freude
bereiten, wenn Marie Geistinger
wieder ständiges Engagement an
einer hiesigen Bühne nähme.
—i—
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Im Lande der Hofräthe.
Ludwig Börne theilte die Deutschen
bekanntlich in zwei Gruppen ein:
in solche, die schon Hofräthe sind,
und in Andere, die es erst werden
wollen. In diesem Sinne deutsch,
das muss man ihnen lassen, zeigen
sich gewisse leitende Kreise der
Wiener Künstlergenossenschaft, und
erst jüngst hatten wir wieder Ge-
legenheit, den würdigen Präsi-
denten Herrn Felix als patrioti-
schen Redner zu bewundern. Der
Gute war offenbar damals mit der
Welt zufrieden, er fand Alles sehr
nett, machte einige treffende Be-
merkungen über das Gute, Wahre
und Schöne und dankte zuletzt in
tiefempfundenen Worten für die
Unterstützung, welche unserer Kunst
von oben her stets zutheil ge-
worden sei. Nun, der Herr muss ja
wissen, ob er Grund hat, irgend
Jemandem dankbar zu sein; im
Allgemeinen verhält sich die Sache
nicht ganz so, und erst in letzter
Zeit wieder haben gewisse Vor-
fälle neuerdings gezeigt, wie sehr
alle Kunst- und Culturbestre-
bungen in der officiellen Welt auf
passiven Widerstand stossen, was
ja begreiflich ist. Entstammen
doch diese Kreise einer Aristo-
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