Wiener Rundschau: Jg. 2, Bd. 3/4, Nr. 13, S. 492

Die Herrin der Gärten (Ubell, Hermann)

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Wiener Rundschau: Jg. 2, Bd. 3/4, Nr. 13, S. 492

Text

DIE HERRIN DER GÄRTEN.

Es war im März Ich weiss es noch wie heut
Vom hellen Himmel strömte warmes Licht
Um meine sanften Hügel von Florenz
Es war sehr schön Ich weiss es noch wie heut

Wandernd gerieth ich vor ein offnes Thor
In einen tiefen Garten, angefüllt
Mit vielem Zwitschern unsichtbarer Chöre,
Laut wie der Frühling wie der Frühling süss

Im Schatten der Cypressen aber sprang
Aus einem Fels ein Löwenhaupt hervor,
Und aus den Winkeln seines Maules quoll
Ein Murmeln, das bethörend dunkel war

Da trat die Herrin aus den Stämmen vor,
Die Stirn gesenkt. Sie hatte gold’nes Haar,
Das kronengleich um’s Haupt geflochten war
Langsam hob sie den Blick zu mir empor

Graz. Hermann Ubell.

Zitiervorschlag

Wiener Rundschau: Jg. 2, Bd. 3/4, Nr. 13, S. 492, in: Wiener Rundschau Digital (1896–1901), herausgegeben vom Austrian Centre for Digital Humanities (ACDH), Wien 2025 (https://acdh-oeaw.github.io/wiener-rundschau-static/WR-02-02-13_n0492.html)