Wiener Rundschau: Jg. 2, Bd. 3/4, Nr. 15, S. 571

Der Hunger nach Kunst (Jostenoode, Harold Arjuna van)

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Wiener Rundschau: Jg. 2, Bd. 3/4, Nr. 15, S. 571

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HUNGER NACH KUNST. 571

reich, wo noch echte Volkstrachten sind, sollte man alles thun,
um zu erhalten, was an volksthümlicher Kunst noch vorhanden ist.
Der Wiener Volksgesangverein ist hier auf dem richtigen Weg. Denn
auch dem Gesänge bleibt in der Erneuerung volksmässiger Kunstpflege
eine wichtige Rolle vorbehalten. Auch der Ausschuss für die deutschen
Nationalfestspiele hat die volksthümliche Musik in sein Programm auf-
genommen. Er sollte nur noch auch ein Preisausschreiben für die
schönsten Volkstrachten veranstalten. Dann könnte man die sämmt-
lichen Nationaltrachten Revue passieren sehen und sich ein Bild davon
machen, wie es um die ästhetische Ausbildung beim Volke steht.

Hat das Mittelalter sein Schönheitsbedürfnis durch religiöse Dar-
stellungen befriedigt, hat die Renaissance ein abstractes Schönheitsideal
auf Grund der Antike zu finden gesucht, so soll die Neuzeit dem
Völkergedanken in der Kunst sinnlich-schönen Ausdruck verleihen. Das
wäre wohl das Ideal der nächsten Zukunft.


Zitiervorschlag

Wiener Rundschau: Jg. 2, Bd. 3/4, Nr. 15, S. 571, in: Wiener Rundschau Digital (1896–1901), herausgegeben vom Austrian Centre for Digital Humanities (ACDH), Wien 2025 (https://acdh-oeaw.github.io/wiener-rundschau-static/WR-02-02-15_n0571.html)