Wiener Rundschau: Jg. 2, Bd. 3/4, Nr. 17, S. 670
Text
wenigstens die Bösewichte, à la Richard der Dritte etc. Wo ihr die Guten
hernehmt, ist eure Sache. Vielleicht denkt ihr an das Recept, das
Heine erwähnt, wie er einem Maler nachsagt, er schöpfe die Kameele,
die er male, aus der Tiefe seines Gemüths. Das nächstemal mehr
von der Psychologie solcher übergenug activer Naturen. Für heute
sei nur noch eingeräumt, dass das Citat aus einer Rede vor Gericht,
das ich gegen Dostojewskij anführe, nicht von mir erfunden, sondern
historisch ist. Auch davon werde ich im weiteren noch zu reden haben.
(Ein zweiter Artikel folgt.)
AUFZUG.
(Cortège.)
Ein Äffchen im Brocatgewand
springt vor ihr her von Baum zu Baume, —
sie ballt in handschuhschmaler Hand
ein Tuch mit feinem Spitzensaume.
Ihr schwarzer Groom, roth costümiert,
kann kaum die Last der Schleppe halten,
doch späht er scharf nach allen Falten,
wie das Gewand sich regt and rührt.
Der Affe blinzelt unverwandt
auf seiner Dame weisse Büste,
(die bei den Göttern ruhen müsste
im Taxusgrün am Gartenrand!);
der Negerbursch hebt dann und wann
die Last noch höher auf — man höre! —:
ob er es nicht erspähen kann,
was nächtens seinen Schlummer störe.
Sie aber schreitet stolz und still
hinan die breite Marmortreppe,
und achtet nicht auf Hals und Schleppe
und ihrer Thierchen freches Spiel.
PAUL VERLAINE.
Übersetzt von Max Bruns.
Zitiervorschlag
Wiener Rundschau: Jg. 2, Bd. 3/4, Nr. 17, S. 670, in: Wiener Rundschau Digital (1896–1901), herausgegeben vom Austrian Centre for Digital Humanities (ACDH), Wien 2025 (https://acdh-oeaw.github.io/wiener-rundschau-static/WR-02-02-17_n0670.html)