Wiener Rundschau: Jg. 2, Bd. 3/4, Nr. 17, S. 671

Der Petschenjeg (Tschechow, Anton)

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Wiener Rundschau: Jg. 2, Bd. 3/4, Nr. 17, S. 671

Text

DIE ENGLÄNDER UND DIE FRANZOSEN IN DER
JUBILÄUMS-KUNSTAUSSTELLUNG.
Von PAUL RITTER V. RITTINGER (Wien).
II.

Die Franzosen sind auf continentalen Ausstellungen in der Regel
besser vertreten als die Engländer. Für uns ist eben München, für
die Münchner Paris das Centrum aller Kunst und in Paris beginnt
erst jetzt die englische Kunst, als grosse und fertige durchzudringen.
Es ist daher selbstverständlich, dass bei uns, die wir alles Fremde via
München beziehen, und auch da nur sehr langsam, die Franzosen
eine grössere Rolle spielen als die Engländer. Sie füllen denn auch
einen der geräumigsten Säle der Austeilung zum guten Theile aus
und sind vereinzelt auch an anderen Stellen zu treffen. Ihr Beitrag
zur Jubiläumsausstellung bietet übrigens gleichzeitig ein belehrendes
Bild der französischen Kunstbewegung überhaupt. Mit dem Naturalis-
mus geht es augenscheinlich bergab. Der Einfluss Moreaus hat über den
Courbets triumphiert und die interessantesten Maler unter den Fran-
zosen sind nicht mehr Millet, Lepage, Roll, Ribot, sondern Puvis de
Chavannes, Besnard, Martin und alle die anderen, die Muther unter
dem Schlagworte des »neuen Idealismus« zusammenfasst. Freilich geht
dieser Process in Frankreich langsamer vor sich als in anderen Ländern,
z. B. Belgien, das mit Riesenschritten der absoluten Herrschaft des
Symbolismus zueilt, aber man darf auch nicht vergessen, dass Frank-
reich das Land ist, wo Barbizon und Fontainebleau liegen, die beiden
Punkte, von denen der gesammte continentale Naturalismus seinen
Ausgang genommen hat. Millets Geist ist in Frankreich ebenso
schwer auszurotten als der Ruskins in England, und es wird jedenfalls
noch lange dauern, bis die »Maler des Lebens«, nach der Methode
Zolas, vollständig aus den Pariser Salons verschwunden sind. Bei
uns in Wien sind sie natürlich auch vertreten, wenngleich in einer
geringen Minorität gegenüber den »Neuidealisten«. Da ist zunächst
ein Bild von Julien Dupré zu nennen, der noch zu der älteren Garde
dieser Richtung gehört und von den barbarischen Triumphen der
Späteren noch nichts in sich hat. Er malt ganz einfach eine Scene
aus der Erntezeit, wie man das in Wien genau so thun könnte,
ohne über das unschuldige Niveau unseres allgemeinen Könnens
hinauszuragen. Das einzige unterscheidende Merkmal an der Kunst
Duprés — obwohl das gerade an diesem auffallend kalt gemalten Bilde

Zitiervorschlag

Wiener Rundschau: Jg. 2, Bd. 3/4, Nr. 17, S. 671, in: Wiener Rundschau Digital (1896–1901), herausgegeben vom Austrian Centre for Digital Humanities (ACDH), Wien 2025 (https://acdh-oeaw.github.io/wiener-rundschau-static/WR-02-02-17_n0671.html)