|
leistete im Minaudieren und Miaulen
das Höchste. Schlechte Cassa-Aus-
weise werden wohl auch dieser
neuen Schlenther’sehen Leistung
den Garaus machen.
DEUTSCHES VOLKSTHEATER.
»Mutter Erde«, Drama in
5 Acten von Max Halbe, brachte
es zu einem leidlichen Erfolge.
Das Stück weist mehrere roman-
tische Angelhaken auf, die nicht
verfehlen, aus dem Herzen der
Massen und auch jedes einzelnen
von uns verwandte Erinnerungen
heraufzuholen. Dinge, die wir in
alten Schauer-Romanen als Kinder
gelesen, rühren uns immer noch,
weil sie der Schimmer einer fernen
Jugend, der Schleier einer un-
wiederbringlichen Vergangenheit
in unserem Innern umhüllt, wodurch
sie uns wert sind. — Ein polnischer
Edelhof in Schnee vergraben; der
Vater auf der Bahre, unversöhnt mit
dem Sohne, der das Gut nicht be-
wirtschaften wollte, sondern hinaus-
strebte in die lockenden Weiten und
eine emancipierte Frau heiratete,
eine Frauenrechtlerin und Her-
ausgeberin einer Frauenzeitung;
die Rückkehr des Sohnes mit Frau
und deren polnischem Hausfreund
in das Vaterhaus, dessen Thüren
ihm der Tod öffnet; die alte
Tante, die so lange nach dem ge-
liebten Paulchen geseufzt, den sie
auf ihren Knien gewiegt hatte und
dessen Namen sie nie laut aus-
sprechen durfte Das Anzünden
des Kronleuchters zum Empfange
des verlorenen Sohnes, wie damals
am letzten Weihnachtsabend, als
er mit der schönen Nachbarin
Toinette, mit den langen Zöpfen,
sich verloben sollte, und dem Vater
|
zum Trotz es nicht that, weil ihm
die Hella im Kopfe herumgieng,
die Frau mit dem männlichen
Geist und Gehaben — für einen
Landstudenten das Wunderweib
Dann die verschmähte Jugend-
geliebte, die aus Wuth einen
Trunkenbold heiratet, einen ehe-
maligen Mitschüler Pauls, den
Dümmsten der Klasse; das Wieder-
sehen der beiden Liebenden; das
Hervorbrechen ihrer unterdrückten
und verkannten Gefühle; die Erlen
am Bache, wo sie sich immer
trafen, wenn die Sonne sank
Der Entschluss gemeinsam zu
sterben; der projectierte Todes-
ritt in der Nacht, durch den
Wald, über den gefrorenen See:
das ist alles alter romantischer
Plunder, der so lange wirken wird,
als derartige Eindrücke von der
Jugend noch empfangen werden.
Modern will hingegen das von
den »Einsamen Menschen« Haupt-
manns umgestülpte Problem sein:
Paul Markentin (Herr Kutschera)
hat die Anna Mahr (Hella:
Frl. Schweighoffer) zur Frau und
wird von dem echten Weibe
(Frau Odilon! — sie trug ein
wundersam unschuldiges Kleid mit
drei Stufenvolants rückwärts und
repräsentierte die Auffassung des
Volkstheaters von einer Unschuld
vom Lande) — der Mutter Erde
wiedergewonnen. Moderner Ibsen-
scher Athem weht auch über den
an den Kammerherren-Abend er-
innernden Leichenschmaus, obwohl
feine Abtönung hier überflüssiger-
weise durch rohen Verismus ersetzt
wird. Der polnische Hausfreund
ist neuere französische Mache;
die Pavillonscene ist Sardou oder
Dumas. Aus allen diesen disparaten
Elementen hat Halbe sein Stück
|