Wiener Rundschau: Jg. 3, Bd. 1, Nr. 4, S. 89

VERLAINE: DIE BESIEGTEN. III.

Und die Besiegten sprachen in der Nacht
Des Kerkers: Ja, sie haben uns gekettet.
Doch leben wir, gebeugt durch Kettenmacht,
Noch kreist das Blut, ein Schatz, der einst uns rettet.

In unsern Köpfen wachen klare Augen,
Spionen gleich in reger Wachsamkeit.
Das Hirn im Kopfe muss zum Denken taugen,
Hart sind die Zähne, unser Arm bereit.

Die Thoren, die den Missgriff nicht erkannten,
Sie werden ihn bereu’n wie ein Verbrechen.
Ein Schimpf an uns war, was sie Milde nannten,
Gut, ihre Milde soll den Schimpf uns rächen.

Sie haben uns gekettet; doch die Ketten,
Sie werden fallen in der Dunkelheit,
Die Wächter zu entwaffnen und zu ketten;
Das Fest der Sieger gibt zur Flucht uns Zeit.

Und nun von neuem Schlacht; auch Sieg vielleicht,
Furchtbare Schlacht und mitleidloser Sieg!
Weil endlich nun dem Recht das Unrecht weicht,
Wird dies in Wahrheit auch der letzte Krieg.

IV.

Denn die da todt sind, bleiben’s — trotz der alten
Traumsagen — that das Eisen seine Pflicht.
Nicht ist’s die Zeit mehr jener Truggestalten,
Der Geisterpferde unterm Himmel licht.

Und Rolands Stute, Roland selbst sind hier
Nur Träume noch aus fernem Geisterreich.
Zum Glauben fehlt die Zeit. Und wähntet ihr,
Dass wir euch schonen würden, täuscht ihr euch.

Ihr sterbt von unsrer Hand! Wenn die gerechte Sache
Zum Sieg uns hilft, sterbt ihr. So seid bereit!
Es will’s das Recht, es fordert’s unsre Rache,
Das Glück der Zukunft, die Notwendigkeit.

Die Erde, lange trocken, ungedüngt,
Wird lang von eurem Blute freudig trinken;
Sein schwerer Dampf zum Himmel würzig dringt
Und wird befruchtend in die Tiefen sinken.

Den Wölfen, Hunden, Vögeln werdet Beute!
Sie nagen eure Knochen, blutigroth!
Wir werden lachen. Nichts trübt unsre Freude;
Wir lehren’s euch: die Todten bleiben todt.

---