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In den beiden bisher erschienenen Ab-
schnitten des Dramas haben wir die Ex-
position und den Beginn der Handlung
bis zur Hälfte des zweiten Actes in vollem
Wortlaute wiedergegeben. Der karg zu-
gemessene Raum, der eine Zerstücklung
des genialen Werkes in allzuviele kleine
Theile, eine stete, durch die langen Ab-
stände der Veröffentlichung noch fühl-
barere Zerreissung des Fadens herbeiführen
würde, drängt uns jedoch, uns auf Frag-
mente zu beschränken und diese durch einen
verbindenden Text zu ergänzen. Es be-
stimmt uns hiezu noch besonders der ge-
äusserte Wunsch des Dichters, dessen
ehemals negierender Geist im Laufe der
letzten Jahre auf religiösem Gebiete eine
tiefe Wandlung durchgemacht hat und
dem nun mancher Sarcasmus, manche
drastische Situation, die seiner Laune ent-
quoll, im Widerstreit zu seiner heutigen
Gefühlsweise steht. Eben in diesem Werke,
das in gewissem Sinne einen Culminations-
punkt seines frühern Schaffens bedeutet,
hatte er ja in phantastischem, burleskem
Gewande eine Quintessenz seiner Welt-
anschauung gegeben, seine Lebenserfah-
rungen in einem Brennpunkte gesammelt,
hatte »summirt, den Abzug gemacht,
Mittel und Wurzel gesucht«, wie es im
Munde des Dr. Allwissend lautet, dieses
Mentors, der seinem Telemachos das Leben
in seiner wahren Gestalt, der Illusionen
entkleidet, vor Augen führt. Ist ihm doch
Lebenserkenntnis die Vorstufe der Selbst-
erkenntnis, welche die Oreaden und
Nymphen als die oberste Stufe der Ent-
wicklung verkündeten.
Seine erste trübe Erfahrung auf der
grossen Reise, welche die Gesellschaft zu
dem Zwecke unternommen hat, den von
St. Peter verlorenen Schlüssel zum Himmel-
reich zu suchen, haben wir den Schmied
in der Liebe machen sehen. Die der
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Verblendete für ein Ideal von Schönheit
und Tugend hielt, entpuppt sich ihm als
eine vom Aussatz entstellte, liederliche
Dirne, die im Spinnhause gesessen,
während der Doctor, als Illustration des
Liebeswahnes, in dem grotesken Hochzeits-
zuge Romeos und Juliens die berühmtesten
Liebenden, welche die dichterische Phan-
tasie geschaffen, an ihm vorüberziehen
lässt, hier jedoch gealtert und mit den
Jahren vom poetischen Kothurn zum nüch-
ternsten Philisterthum herabgesunken. Der
Spuk taucht alsbald in den Brunnen
zurück, aus dessen faulen Dünsten er ihn
emporgezaubert. Nur Don Quixote de la
Mancha, welcher die Honneurs des Hoch-
zeitszuges machte, dieser classische Optimist
und Phantast, der nun bekehrt, ja in sein
gerades Gegentheil, in einen schwarzseheri-
schen Cyniker umgeschlagen erscheint,
bleibt zurück und schliesst sich dem Zuge
auf seinen weitern Irrfahrten an. Der
Schmied aber, den keine noch so schreck-
liche Entdeckung aus seiner Liebestrunken-
heit zu reissen vermochte und der mit
Verzweiflung die Geliebte mit in den
Brunnen versinken sah, fühlt sich alt und
böse geworden, seit man ihm des Lebens
holden Trug geraubt. Es ekelt ihn der
Welt, der Menschen. Er möchte ein Riese
sein, die Alpen auf seinem breiten Schulter-
blatt tragen. Das Universum möchte er
als der Allerstärkste unter seinen Fuss
treten.
Der Schmied.
Auf dass beim Schreiten der Vergäng-
lichkeit
Mit Stolz mich der Gedanke schwellte,
Allein zu fallen von der eignen Hand,
Wenn all die anderen von fremder fielen!
Eine Verwandlung. Der Schmied er-
hebt sich als Bergriese, thront, inmitten
eines lachenden Thales mit Kirche und
Pfarrhof, über einem jähen Abhange als
der Hoberg-Alte. Befriedigt sieht er sich zu
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