|
Wo du mich hättest lenken können einem
kinde gleich
Wo jedes deiner worte mir ein süsser hauch
gedäucht
Und jeder deiner mäkel nur ein frischer reiz-
mir gilt
Nun vor der deinen die geberde jener tänzerin,
Kein Wunderding erscheint mir mehr die narbe
deines kinns
Und wenig bin ich in gefahr an deiner seite ob
Du auch bei unsrem gange unter dunklen
uferbäumen
Den sklaven fortbefohlen der vor uns die
fackel trug.
bald ist es der biblische oder bukolische
Ideenkreis
JAHRESTAG
O schwester nimm den krug aus grauem thon,
Begleite mich! denn du vergassest nicht
Was wir in frommer Wiederholung pflegten.
Heut sind es sieben sommer dass wir’s hörten
Als wir am brunnen schöpfend uns besprachen:
Uns starb am selben tag der bräutigam.
Wir wollen an der quelle wo zwei pappeln
Mit einer fichte in den wiesen stehn
Im krug aus grauem thone wasser holen.
DER TAG DES HIRTEN
Die heerden trabten aus den Winterlagern.
Ihr junger hüter zog nach langer frist
Die ebne wieder die der fluss erleuchtet,
Die froh-erwachten äcker grüssten frisch,
Ihm riefen singende gelände zu,
Er aber lächelte für sich und ging
Voll neuer ahnung auf den frühlingswegen.
Er übersprang mit seinem stab die furt
Und hielt am andern ufer wo das gold
Von leiser flut aus dem geröll gespült
Ihn freute und die bunten vielgestalten
Und zarten muscheln deuteten ihm glück.
Er hörte nicht mehr seiner lämmer blöcken
Und wanderte zum wald zur kühlen schlucht,
Da stürzen steile bäche zwischen felsen
Auf denen moose tropfen und entblösst
Der buchen schwarze wurzeln sich verästen.
Im schweigen und erschauern dichter wipfel
Entschlief er während hoch die sonne stand
Und in den wassern schnellten silberschuppen.
Er klomm erwacht zu berges haupt und kam
Zur feier bei des lichtes weiterzug,
Er krönte betend sich mit heilgem laub
Und in die lind bewegten lauen schatten
Schon dunkler wolken drang sein lautes lied.
bald sind es wieder mittelalterliche oder
Renaissance- oder christliche Vorstellung.
Aber es ist nicht bloss Angefühltes,
Nachgeahmtes. Diese Menschen, diese
Künstler sind wirklich nicht bei uns;
sie leben ein anderes Leben; sie sind die
lebende Synthese von all dem, was sie
schaffend wiedergeben, von allem Ver-
gangenen.
|
Und wie sie selbst, wird naturgemäss
auch ihre Kunst, die uns oft so unbe-
greiflich erscheint, die der Unverstand so
gerne und leicht ins Lächerliche zieht.
Es ist nicht eine Kunst der Höhe, aber
wohl der Ferne. Auch sie — hat Per-
spectiven. Man hat ihr die Beschränktheit
des Particularismus vorgeworfen, ihre Vor-
nehmheit als Pose gedeutet und als Im-
potenz zum Leben. In ihrer heiligen Ruhe
sah man Bewegungsunfähigkeit, Erstarrung,
Schwäche. Vielleicht ist mehr als ein
Korn Wahrheit in diesem Urtheil. — Aber
sie haben doch die grosse Kraft, sich
selbst so zu wollen, wie sie sind.
Das ist die tiefe Berechtigung ihres
Wesens und damit auch ihrer Form. —
Ihnen ist das Leben nur ein halb-
vergessener Traum; können sie ihr
Kunstwerk anders wollen, als wie
einen traumschönen, halbverwehten
Klang?
Das folgende Gedicht spricht selbst
(wie übrigens viele andere auch) diese
Ferne als Lebens- und Kunstprincip
symbolisch aus.
DER HERR DER INSEL
Die fischer überliefern dass im süden
Auf einer insel reich an zimmt und öl
Und edlen steinen die im sande glitzern
Ein vogel war der wenn am boden fussend
Mit seinem schnabel hoher stamme krone
Zerpflücken konnte · wenn er seine flügel
Gefärbt wie mit dem saft der Tyrerschnecke
Zu schwerem niedrem flug erhoben: habe
Er einer dunklen wolke gleichgesehn.
Des tages sei er im gehölz verschwunden,
Des abends aber an den strand gekommen.
Im kühlen windeshauch von salz und tang
Die süsse stimme hebend dass delfine
Die freunde des gesanges näher schwammen
Im meer voll goldner federn goldner funken.
So habe er seit urbeginn gelebt,
Gescheiterte nur hätten ihn erblickt.
Denn als zum ersten mal die weissen segel
Der menschen sich mit günstigem geleit
Dem eiland zugedreht sei er zum hügel
Die ganze teure stätte zu beschaun gestiegen,
Verbreitet habe er die grossen schwingen
Verscheidend in gedämpften schmerzeslauten.
Wir freilich, die wir mitten im oder
über dem Leben sind und sein wollen,
treibend oder getrieben, wir verstehen sie
nur selten, begreifen sie fast nie. Mit
ihnen ist uns keine Rast gegeben.
Manchmal, in blassen, lebensfernen
Stunden, laden sie uns auf ihre Inseln.
|