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einmal kam sie doch, wie es ihre Gewohn-
heit aus der Kinderzeit her war, zu ihnen
in die Hütte hinüber und bat, mit ihnen
mitfahren zu dürfen, wenn sie am nächsten
Tage zur Kirche ruderten. Es waren gerade
fremde Leute aus dem Dorfe zugegen
und daher antwortete er, weil er fürchtete,
sie möchten glauben, dass sie beide ver-
sprochen wären, höhnisch, so dass alle es
hörten, dass »für Lappen-Zauberei Kirchen-
reinigung ganz gut wäre«, aber sie müsste
sich schon selbst hinrudern!
Seitdem sprach sie nicht mehr mit ihm,
aber darüber war Eilert auch nicht sonder-
lich froh.
Dann einmal, im Winter, lag Eilert
allein draussen auf Seehaifang. Da biss
ein Haifisch an. Das Boot war klein und
der Hai gross, Eilert wollte ihn aber
nicht fahren lassen, so dass als Ende des
Kampfes sein Boot kenterte,
Er lag dann die ganze Nacht auf dem
Kiel des Bootes in Nebel und schwerer See.
Wie er da so vor Müdigkeit fast ein-
geschlafen sass und sich so stumpfsinnig
bewusst wurde, dass es nun wohl mit ihm
zu Ende gehen würde, sah er plötzlich
einen Mann in Seekleidern rittlings auf
dem andern Ende des Kiels sitzen und
ihn mit matten, röthlichen Augen an-
starren; — er war so schwer, dass der
Kiel langsam auf der Seite zu sinken
begann, auf der der Mann sass. Plötzlich
war er wieder verschwunden, aber Eilert
war es nun, als theilte sich der Nebel
— es war mit einemmal auf der See ganz
still geworden, sie gieng nur in leichten
Schwellungen und vor ihm lag ein kleiner,
grauer Holm, auf den das Boot langsam
zutrieb.
Die Klippe war nass, als wenn das
Wasser eben darüber hingespült hätte
und oben darauf sah er ein blasses Mädchen
mit solch schönen Augen. Sie trug einen
grünen Rock und um die Taille einen
breiten Silbergürtel mit Figuren darauf,
wie ihn die Lappen zu tragen pflegen.
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Ihr Leibchen war aus tangbraunem Fell
und unter der Verschnürung vorn, die
aus grünem Seegras bestand, sass ein
schaumweisses Hemdstück wie die Feder-
brust eines Seevogels.
Als das Boot den Holm erreichte, kam
sie zu ihm hinab und sagte, als wenn
sie ihn gut kannte: »Kommst Du nun
endlich, Eilert — ich habe lange auf
Dich gewartet!«
Eilert war es, als überliefe ihn ein
eiskalter Schauder, als er die Hand ergriff,
die ihm ans Land half; aber nur für
einen Augenblick war ihm so und er ver-
gass es sogleich.
Mitten auf dem Holm gewahrte er
eine Öffnung mit einer messingbeschla-
genen Treppe, wie zu einer feinen Kajüte
hinunter. Während er stand und sich
ein wenig bedachte, sah er dicht dabei
zwei riesige Haifische schwimmen — sie
waren mindestens zwölf bis vierzehn Ellen
lang.
Indem sie herabstiegen, senkten die
beiden Haifische sich langsam mit ihnen
herunter, jeder auf einer Seite der Treppe
— seltsam, gerade als wenn die Klippe
durchsichtig gewesen wäre. Als das Mäd-
chen merkte, dass er sich ängstige, sagte
sie zu ihm, es wären nur zwei von der
Leibwache ihres Vaters, und bald darauf
verschwanden sie auch. Sie wollte ihn
nun zu ihrem Vater führen, der auf sie
wartete; sie fügte hinzu, er möchte sich
nur nicht fürchten, wenn der Alte ihm
nicht sonderlich hübsch erscheinen sollte,
und sich auch nicht allzusehr über das
wundern, was er sagte.
Eilert begriff, dass er sich unter Wasser
befinde, aber er spürte keine Nässe. Es
war da ein weisser Sandboden mit kreide-
weissen, rothen, blauen und silberglänzen-
den Muscheln, Wiesen mit verschieden-
artigem Seegras, ganze Berge mit dichten
Buschwäldern von Tang und Algen, und
an den Seiten schwammen die Fische,
wie die Vögel die Vogelberge umkreisen.
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