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ihm wieder bitterlich leid, namentlich um
ihretwillen. Sie stutzte auch oft über sein
wunderliches Benehmen gegen sie, das sie
nicht begriff, und sie begann dann zu
lachen und ihn zu necken, indem sie ihn
dazu brachte, ihr nachzulaufen oder in-
dem sie sich versteckte.
Eines Tages fand er sie draussen auf
einem Stein am Ebbestrand sitzen. Sie
hatte eine Eidergans auf dem Schoss, die
erschossen war und eben erst gestorben
sein musste, denn sie war noch warm,
und Zitta weinte bitterlich über sie. Das
wäre, schluchzte sie, gerade der Vogel,
der jedes Jahr in ihrem Scheunenwinkel
sein Nest gebaut hätte — sie kannte ihn
gut und wies auf eine roth gefärbte Feder
an seiner weissen Brust hin. Die Eider-
gans wäre nur von einem Schrotkorn ge-
troffen, und es wäre nur ein einziger
rother Tropfen herausgeflossen; sie hätte
versucht, ihr Nest zu erreichen, wäre aber
unterwegs am Strande gestorben. Zitta
weinte, als sollte ihr das Herz brechen,
und trocknete nach der eifrigen Art der
Lappen ihr Gesicht an ihren Haaren ab.
Eilert lachte jungenhaft über sie, aber er
war dabei sehr bleich und von über-
triebener Lustigkeit. Er wagte ihr nämlich
nicht zu erzählen, dass er an jenem Tage
draussen am Fjord auf gut Glück das
Gewehr seines Vaters abgeschossen hatte
nach einem Vogel, der ein weites Stück
draussen landwärts angeschwommen kam.
Einmal im Herbst war Eilerts Vater
verzweifelt. Tag für Tag zeigte sich
draussen auf dem Fischplatz, dass seine
Netze fast fischleer hiengen, während er
gleichzeitig mit ansehen musste, wie der
Lappe den einen reichen Zug nach dem
andern mit den seinigen aufzog. Er wollte
drüben im Lappenboot auch schadenfrohe
Mienen gesehen haben. Nun herrschte in
seiner Hütte doppelte Erbitterung gegen
die Lappen und als sie am Abend darüber
sprachen, war es schliesslich eine aus-
gemachte Sache, dass die Lappen-Zauberei
mit im Spiele wäre. Dagegen gäbe es
nur ein Mittel, nämlich Kirchhofserde auf
die Netzschnüre zu streichen, aber das
dürfte man nicht thun, da man dadurch
die Todten kränkte und sich ihrer Rache
aussetzte, wodurch die Meergeister zugleich
Macht über einen bekämen.
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Eilert grübelte ernstlich darüber nach.
Ihn dünkte fast, er musste mit schuld
sein an dieser That, weil er mit den
Lappen so gut bekannt wäre.
Am folgenden Sonntag waren sowohl
seine Eltern mit ihm, wie die Lappen
draussen in der Kirche zu Berg. Da steckte
er verstohlen eine Handvoll Erde von
einem der Lappengräber in seine Tasche.
Am selben Abend, als sie wieder nach
Hause gekommen waren, streute er un-
bemerkt die Erde auf die Netzschnüre
seines Vaters.
Merkwürdigerweise machte es sich das
nächstemal so, dass, als dieser seine Netze
aufzog, sie voller Fische waren wie früher.
Aber seit diesem Augenblick ward Eilerts
Angst unbeschreiblich. Besonders vorsichtig
war er am Abend, wenn sie am Herde
arbeiteten und es tiefer im Raume dunkel
war. Dann rutschte ihm das Herz in die
Hosen. Den Todten um Verzeihung zu
bitten, ist das einzige Mittel, das bei einer
solchen That hilft, sonst wird man eines
Nachts von unsichtbarer Hand auf den
Kirchhof hinausgezogen — es hilft da-
gegen nichts und wenn man mit einem
Schifftau angebunden wäre.
Als Eilert am nächsten Kirchsonntag
wieder zur Kirche kam, versäumte er nicht
zu dem Grabe hinzugehen und den Todten
um Verzeihung zu bitten.
Wie Eilert dann heranwuchs, begriff
er freilich, dass die Lappen ebenso gut
müssten selig werden können wie seine
Leute daheim, aber ein anderer Gedanke
dafür blieb in ihm haften, nämlich dass
sie ein geringerer Volksschlag wären, der
keine rechte Ehre besässe. Aber er konnte
doch Zitta nicht recht entbehren und sie
waren wie früher viel beisammen, selbst
noch nachdem sie eingesegnet waren.
Als Eilert dann aber erwachsen war
und mehr unter die Dorfleute hinauskam,
begann er zu finden, die alte Bekannt-
schaft wäre der Leute wegen etwas un-
bequem. Es gab dort ja niemand, der
nicht meinte, dass es eine Schande wäre,
Lappenblut in den Adern zu haben und
darum suchte er Zitta immer zu ver-
meiden, wenn mehrere zugegen waren.
Das Mädchen bemerkte das wohl;
denn sie hielt sich in der letzten Zeit von
den Plätzen fern, wo er hinkam. Aber
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