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Die Iris aber spreizte ihre gelockten,
heissen Blumenblätter mit intensivem
Duften auseinander.
Ja, lächelt nur nicht, Ihr Allzuweisen!
Was wisst Ihr von Frauenseelen und
Blumen? Die beiden verstehen sich nur
allzu gut.
Sie können zwar nicht sagen: Mein
Zuckerkätzchen, mein Püppchen — allein
sie leuchten einander grüssend zu. Sie
duften Allverstehen. Sie wissen die
heimliche Sprache des Waldes, des Schwei-
gens und der Nacht, der Sonne und des
Meeres.
Und noch der weiteste Stern lispelt
seine Heimlichkeiten mit ihnen. — — —
Schön! wie schön! fühlte das Weib.
Und in diesem glühenden Gefühl löste
sich ihre Seele los wie eine Weihrauch-
wolke, die zerfliessend in das All
sickert. Sie feierte das Fest der All-
verschwisterung, der heiligen Einheit.
Nun war die Zufälligkeit der Form nichts
Trennend-Schmerzliches mehr — die Blu-
men, der Stern, der Leib — alles versank
zu einem seligen Eins! — — — — —
Guten Tag! sagte die Schriftstellerin
und trat ins Zimmer.
Da huschte die Seele der jungen
Frau zurück. Guten Tag! antwortete das
Rückenmark.
Doch die Seele oscillierte heimlich
weiter in süssem, seligen Innengeniessen.
Sie haben es da eigentlich auch sehr
traurig! sprach die Schriftstellerin. In
diesem Käfig da! So ein junges, blühen-
des Weib in diesem Kerker!
Hjah! die Ehe! die Männer! Frauen-
frage — Umsturz — Gleichheit — Eman-
cipation — ihr Gehirn schnarrte wie eine
alte Spielwalze ewig dieselben Gedanken.
Die junge Frau sagte: Ja, nicht wahr?
Aber mit einem Gesicht wie: O, wie
heilig, wie schön!
Die Schriftstellerin: Sie sind etwas
zerstreut.
Das junge Weib erröthet.
Die Schriftstellerin: Störe ich Sie? Sie
dichten?
Des Weibes Augen leuchten: Ich
dichte das Leben.
Die Schriftstellerin: Wo verlegen Sie,
wenn ich fragen darf? Hat Ihr Buch
mehrere Auflagen erlebt?
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Der jungen Frau Wangen röthen
sich im beleidigten Roth der dunklen
Rose. Es thut ihr weh, etwas aus ihrer
Seele verrathen zu müssen: Ich — schrift-
stellere nicht — aber, hm! — sehen Sie
dies Glück, das von aussen in unser
Inneres strömt und von dort wie ein
seliges Danken in das All zurück! Dieses
Ewig-Andere, Nie-Ermüdende, Neue, Be-
seligende.
Die Schriftstellerin: Ich bemerke nichts
davon: Hunger — Elend — Weiber —
Männer — Frauenfrage — Gleichheit —
— die Walze ist wieder in Bewegung.
Ja!, aber sehen Sie nicht um sich.
Blicken Sie in sich hinein, dann werden
Sie schauend des seligen Geheimnisses
inne. Bis alles Weh Ihnen verständlich
wird wie alle Lust, und kleinlich scheint,
worüber Menschen weinen. —
»Sie Dichterin!« sagte der bas-bleu;
aber es klang wie: Sie alberne Person!
Darauf: Wissen Sie, warum ich kam?
Meine Zeit ist nämlich sehr beschränkt.
Es handelt sich um Unterschriften zu
einem Protest gegen die Ehesclaverei, in
der die Seele des Weibes verdorrt.
Ja! sagte das Rückenmark.
Aber dann mischte sich des Weibes
Gehirn darein, sagend:
Der Freie ist auch in Ketten frei.
Der Stolze kennt den Aufruhr nicht.
Der Edle will nicht beschenkt werden,
sondern sich vergeuden, wie die Sonne,
das Weib, wie Düfte und Töne.
Und ihre Seele sang für sich ein
heimlich-thörichtes Lied: Ich liebe ihn
und kenne ihn nicht. Ich liebe ihn über
alles. Ich liebe seine Schwächen, die da
sind: Unsere Fehler und Leidenschaften,
unser Ehrgeiz und Zorn, unser kleinliches
Glückssehnen — und auch mein stöhnen-
des Liliput-Unglück.
Ich liebe ihn, der da zu mir spricht
in der Zartheit von Tönen und Düften
und in der flammenden Gewalt rollender
Welten. Ihn, den Nie-gewesenen, Immer-
seienden! — Pan! — —
Nun, haben Sie sich entschlossen?
Ich? — Nein! noch nicht — oder doch
— ich sagte Ihnen schon — — —
Mit solchen Damen ist nichts anzu-
fangen; sie hemmen die mühevolle Arbeit
unseres Fortschrittes.
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