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Schon wieder haben sie den neuen
Kunsttempel an der Wienzeile von oben
bis unten ausgekehrt und umgebaut. Wie
Verwandlungen bei offener Scene, so
schnell geht das.
In weiss-gold-hellgrün hat Olbrich
den Mittelsaal zur Triumphhalle gemacht.
Rundbogen vorne und im Rücken, hinten
durchbrochen. Und mitten hinein Strassers
Mark Anton mit den gezähmten Riesen-
katzen. Wo sich alle in Bewunderung
einig sind, brauche ich wohl nichts über
die Grösse dieser Leistung zu sagen.
Schon vor Jahren, bei dem kleinen Modell,
war sie mir gross vorgekommen. Jetzt
geht sie mit so ehernem Schritt dahin,
dass sehen und schweigen das beste ist,
was man thun kann. Roms Kaiserthum
steigt herauf, spannt seine Räuberfaust
über Morgen- und Abendland, macht
Menschen und Thiere zu Sclaven und
saugt sich voll und feist, bis es so
schwammig wird, wie der Stiernacken des
Imperators. In diesem Fettnacken liegt
sein Geschick im Keime, das wachsend
und wachsend selbst Roms gewaltigen
Willen und Roms kaltes Gehirn zur
Schlacke ausbrannte. Also spricht Strassers
Mark Anton.
Die Reliefs und Büsten von Feo-
dorowna Ries zeigen, was ein an den
freien Flug der Einbildungskraft gewöhn-
tes Schaffen auch dann noch zu leisten
vermag, wenn es sich in den enger ge-
zogenen Grenzen der Auftrag- und Porträt-
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kunst bewegen muss. In einer eigentüm-
lichen Vereinigung von schärfster Beobach-
tung der Wirklichkeit und visionärer Syn-
these liegt das Urwüchsige dieser Künst-
lerin. Mit zwingender Kraft arbeitet sie die
Essenz der Persönlichkeit zu einheitlichem
Leben heraus. Das Steinbildnis Professor
Hellmers (in Laaser Marmor) gibt diesen
visionären Realismus mit merkwürdiger
Schärfe. Schon der grau-glitzernde Stein
ist ein Hilfsmittel, um das bleiche Ant-
litz des durchgeistigten Künstlers zu sug-
gerieren. In dem Blick liegt eine Willens-
spannung, verbunden mit kühler Abstrac-
tion. Über dem festen Mund mit der et-
was vorgeschobenen Unterlippe die feine
Nase, an der zu beiden Seiten die scharfe
Falte des schmerzvollen Überwindens ihre
Spur zu den Mundwinkeln herunterzieht.
Darüber die hohen, kantigen Denkerschlä-
fen, weich in das volle Haar übergehend,
an den Seiten mit vielen Abstufungen
und kleinen Flächen. Das Haupt ist leicht
gegen die aristokratische Hand mit den
mageren Fingern gelehnt. In solchem
Augenblicke wurde vielleicht die erste Idee
zu dem Denkmal Emil Jacob Schindlers
geboren.
Theresa Feodorowna Ries ist Russin,
aber von Abstammung holländisch. Für
Rassenpsychologen eine Gelegenheit, Muth-
massungen über Atavismus anzustellen.
Als Peter der Grosse die niederländischen
Emigranten aufnahm, hat er vielleicht
vorahnend die Nützlichkeit der Rassen-
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