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arbeitsfreudigen Tagen in Machelen giengen
beide Künstler wieder nach Brüssel
zurück.
Nach Machelen war Constantin
Meunier, der tieforiginelle und stark-
empfindende Bildhauer, oftmals zu Besuch
gekommen. Er war der einzige Künstler,
von dem sie viel lernten und vor dem
sie viel Respect hatten! Mit ihm blieben
sie in ständiger Verbindung. Auch ver-
kehrten sie damals viel mit Jules und
Georges Destrée, zwei jungen Advo-
caten, die sich auf literarischem Gebiete
gut eingeführt hatten; beide trugen viel
bei, um Toorop und de Groux zur ge-
bürenden Anerkennung zu verhelfen. Auch
der zu früh gestorbene Max Waller, der
geniale Dichter, der Stifter der »Jeune
Belgique« gehörte zu ihren Freunden.
Während seines Aufenthaltes in Machelen
hatte Toorop auch eine Geschichte ge-
schrieben: »Histoire d’un village« und sie
mit einem Dutzend Zeichnungen illustriert,
die in der Aquarellisten-Vereinigung »Les
Hydrophiles« von der Malerin Anna
Boch angekauft wurden.
An der Thätigkeit dieses Clubs nahm
er später regen Antheil und stellte hier
zahlreiche Zeichnungen aus, unter denen
»Le Déjeuner«, »Symphonie en blanc«,
»La Chambre Dorée‹ in den Besitz
Edmond Picards gekommen sind. Frag-
mente jenes literarischen Productes wurden
in einer Übersetzung von Jules Corde-
veener herausgegeben. Schon in dieser
Periode macht sich ein Beginn symbo-
lischer Auffassung in seinen Arbeiten
geltend.
Der Tod Victor Hugos und die gross-
artige Kundgebung zu Ehren des Dichters
zog Tausende von Enthusiasten nach
Paris; auch Toorop gieng mit de Groux
und anderen Freunden hin, die in tiefer
Rührung, zu Thränen erschüttert, den
riesenhaften Katafalk begrüssten. Hieraus
entstand eine Ölskizze mit lebensgrossen
Figuren, eine trauernde Studentengruppe,
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für die ihm Freunde, darunter der Dich-
ter André Fontainas, Modell standen.
Nach einer kurzen. Reise durch
Holland entstand die düster-realistische
Impression »Das Flachland«. Auf einer
anderen Exposition der »XX« hatte
Toorop ein grosses Gemälde ausgestellt:
ein Arbeiter wird von zwei Polizeimännern
eingebracht, mit zahlreichen Gestalten
und viel Bewegung um ihn. Dies Bild,
»La Débacle« genannt, war das Erzeugnis
anarchistischer Ideengänge des Malers,
der in dieser Zeit viel mit Studenten und
Arbeitern verkehrte und mit den letzteren
gewöhnlich seine Mahlzeiten in Brüsseler
Kneipen einnahm. Dies Bild nun konnte
Toorop glücklich für 1800 Francs an
Anna Boch, die talentvolle belgische Ma-
lerin, später auch Mitglied der »XX«,
verkaufen. Gross war seine Freude, eine
für ihn so ansehnliche Summe zu be-
sitzen, und unmittelbar darauf begab er
sich mit einem andern »Vingtiste«, James
Ensor, nach Paris, wo sie in den Museen
vergleichende Studien machten und u. a.
Constable, Turner, Ingres und Manet
(der noch nicht den Zenith seines Ruhmes
erreicht hatte) bewunderten. Von Paris
gieng Toorop allein nach Florenz und
Venedig. Die alten Italiener hatten damals
indes noch nicht viel Einfluss auf ihn;
weit mehr fühlte er sich noch immer
angezogen durch alte Flamländer, wie
Quentin Messys, Regier, van der Weyden,
Memling und v. Eyck.
Nach Brüssel zurückgekehrt, arbeitete
er dort ein halbes Jahr weiter und lernte
Miss Hall, jenes echt englisch blonde
Mädchen kennen, das seine Frau wurde
und, in weissem Kleide vor einem offenen
Rahmen sitzend, auf einem seiner Bilder
figuriert. Sie wohnte mit ihrer Familie
zu Cruiden in Surrey. Toorop gieng also
nach London, das ihm ein neues und
wichtiges Studienfeld werden und neue
Motive für Gemälde und Zeichnungen
liefern sollte!*
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