|
Stürmen und Irrfahrten seines Innern wie
zum natürlichen Mutterboden seiner Seele
zurückkehrt, um sich kräftig und gesund
zu fühlen.
m. g.
Gobineau: Versuch über die
Ungleichheit der Menschenrassen.
Deutsche Ausgabe von L. Schemann.
Stuttgart, Frommann, 1899. 2 Bde.
Wir leben in einer Zeit, die von wirt-
schaftlichen Problemen erfüllt ist. Aber
viele Anzeichen sprechen dafür, dass auf
unsere nationalökonomische Periode eine
Epoche folgen wird, in welcher Rassen-
probleme die Hauptrolle spielen werden.
In dieser Zeit wird ein Buch wie das des
französischen Grafen gewiss mehr Beach-
tung finden als dies heute der Fall ist. Heute
wird es nur von den wenigen Intellectuellen
gern gelesen werden, die der Ansicht sind,
dass das Menschengetriebe doch noch von
etwas Anderem beherrscht wird als von
Hunger und sogenannter Liebe. Solchen
sei das schön ausgestattete Werk, das
seine Entstehung in deutschem Gewande
der »Gobineau-Vereinigung« verdankt, warm
empfohlen! Es versucht, einen zureichenden
Grund aufzufinden für die auffallende That-
sache, dass blühende Völker untergehen,
und es findet die Ursache in der Rassen-
mischung. Mag man diese Theorie ein-
seitig finden, immer muss man das gründ-
liche Studium, die grosse Intuition, den
Scharfsinn bewundern, den Gobineau in
seinem vierbändigen Werke gezeigt hat,
an dem er in der zweiten Ausgabe — ein
Menschenalter nach der Niederschrift der
ersten! — nichts zu verbessern wusste.
Harald Graevell van Jostenoode
.
Die Bücher Kains vom ewigen
Leben. Eine Dichtung von Eduard von
Mayer. Zürich und Leipzig. Verlag Karl
Henckell & Co. — Dieses Buch hat Theile,
die auf den ersten Blick blenden, bei
näherem Zusehen aber ernüchtern. Über
mehrere Seiten oft fliessen Sätze in allzu
billiger Schlichtheit der Sprache und des
Geschehens, manchmal nur schimmert eine
verborgene Schönheit durch. So verschiebt
sich fortwährend der Eindruck, bis sich
zum Schlusse die Überzeugung aufzwingt:
es ist nur Kunst aus zweiter Hand. Ge-
danklich nicht neu und nicht in der Form.
Wie ein schwaches Echo, das die all-
mächtigen Rufe von den Zarathustrahöhen
|
im Thale geweckt, erscheint die Dichtung.
Sie ist ein Preis des Lebens, des ewigen
Schaffens, des ewigen Wollens, der ewigen
Lust, ein Lobgesang des werdenden Seins,
dem nichts am Menschen liegt, sondern
an seinem Wirken. Alle hundertdreissig
Seiten also nur die Paraphrase über einenSatz
aus Nietzsches unerschöpflichen Schatz-
kammern: »Tracht’ ich denn nach meinem
Glücke? Ich trachte nach meinem Werk.«
Auch die Form ist der Zarathustraweise
nachgebildet. Jenen biblischen Stil, der
unter der Hand des grossen Meisters den
Glanz tiefgrüner Bergseen und das Glühen
einsamer Firnen hat, beherrscht jedoch
Eduard v. Mayer nicht. Ihm verschwimmt
er zu umständlich wiederholender Breite,
die den künstlerischen Aufbau des Werkes
unmöglich macht. Und dass Kain, der den
Tod in die Welt gebracht, der Verkünder
des ewigen Lebens wird — das ist nämlich
der äussere Vorgang — weist gleichfalls auf
Vorbilder. Für die Tragödie des Bruder-
mordes finden sich Anklänge bei Byron,
und Kains ruheloses Wandern durch
fremde Länder und Culturen hat Hamer-
ling umfassender motiviert, als er ihn mit
Ahasver identificierte. Das nimmt dem
Buche höheren Wert. Mehr noch der Um-
stand, dass es Eduard v. Mayer nicht
gelang, Kain, den ersten grossen Menschen,
zu gestalten. Unsere Zeit ersehnt wieder
den Überwinder und mannigfachen Ansatz
hiezu zeigt die Kunst. Einen weiteren
Vorstoss hoffte ich von dieser Dichtung.
Es war eine Täuschung. Denn v. Mayers
Kain entspricht nicht jenen Worten, mit
denen Lucifer, die ganze Art treffend,
den Byron’schen Helden charakterisiert:
Ein Mann, der, weil Unsterblichkeit ihn stärkt,
Dem Ewigen wagt, ins Antlitz kühn zu schauen.
H. H.
Kaethe Schirmacher: »Le fémi-
nisme aux États-Unis, en France,
dans la Grande-Bretagne, en Suède
et en Russie. Paris, Armand Colin & Cie.,
Éditeurs. — In klarer und übersichtlicher
Weise wird in der vorliegenden Broschüre
die Entwicklung der Frauenbewegung jener
fünf Staaten dargestellt, die für diese
Frage am meisten in Betracht kommen.
Über das Frauenstudium, das Vordringen
der Frauen in den liberalen Berufen, das
Frauenwahlrecht und die civilrechtliche
|