|
Freiherr von Maltzahn, der längere
Zeit in Arabien reiste, schildert ein der-
artiges Erlebnis, welches er in Dschedda
mitgemacht hat, mit vielem Humor. Er
war in Marocco zur Bekanntschaft eines
Fekihs gelangt, welcher vielfach von
eifersüchtigen Gattinnen in Anspruch
genommen wurde und gute Bezahlung
dafür erhielt, dass er ihren Rivalinnen
einen magischen Schabernack spiele.
Maltzahn besuchte diesen Fekih in
Dschedda in seinem Hause, und bemerkte
unter den Raritäten, mit welchen dieser
Mann nebenbei Handel trieb, eine Anzahl
ungestalter, roh ausgeführter kleiner Wachs-
figuren, welche sämmtlich weibliche Wesen
darstellten. Der Mann wollte auf die
Frage, was diese Figürchen eigentlich
darstellen, nicht recht Farbe bekennen;
jedoch ein Zufall machte Maltzahn damit
bekannt, wozu die fraglichen Wachsfiguren
gebraucht wurden. Während er sich
nämlich noch bei dem Fekih aufhielt,
kam ein junger Mann herein, welcher im
Auftrage seiner Schwester erschien und
den Fekih alsbald mit einer Flut von
Beschimpfungen und Vorwürfen übergoss.
Es war dabei viel von einer Puppe die
Sprache, mit welcher der Fekih augen-
scheinlich etwas Geheimnisvolles hätte
vornehmen sollen.
Dieser schwur, sein Versprechen ge-
halten und die Frau vergiftet und erdolcht
zu haben. Maltzahn wurde bei diesen Worten
des Fekihs etwas ungemüthlich, doch er
sollte bald erkennen, dass es nicht so
ernst sei, als die Sache für den Augenblick
aussah. Der Fekih gieng nämlich zu
einem Schranke, hob daselbst einen Schleier
auf und enthüllte eine, den früher er-
wähnten Wachsstatuen ganz ähnliche
Figur, welche mit einem grünlichen Safte
überzogen und ausserdem an der, dem
Herzen entsprechenden Körperstelle mit
einer Nadel durchbohrt war.
Der junge Mann besichtigte die Puppe
genau, frug, wie lange sie bereits bezaubert
sei, und gieng dann, nachdem er nichts
Unrechtes entdecken konnte, ganz ver-
zweifelt fort, nachdem ihm der Fekih ver-
sichert hatte, dass irgend ein Gegenzauber
mit im Spiele sein müsse, wenn die
Procedur nicht geholfen habe.
|
Forschen wir der Erklärung des
Bilderzaubers nach, so erfahren wir, dass
es sich dabei angeblich um eine Art der
magischen Fernwirkung handle, wie eine
solche im Mittelalter nicht nur bei den
Orientalen, sondern auch von europäischen
Philosophen angenommen wurde.
Das magnetisch-sympathetische Heil-
system der Paracelsisten basiert beispiels-
weise eben auf der Voraussetzung, dass
jeder grobstoffliche Körper von einem
gleichgeformten feinstofflichen, seelischen
Körper erfüllt sei. Dieser soll weiters aber
auch die Fähigkeit besitzen, noch ausser-
halb der grobkörperlichen Grenzen zu
wirken. So nahm unter anderen Maxwell
an, dass von jedem Körper feinstoffliche
Strahlen ausgiengen, in welchen die Seele
durch ihre Gegenwart wirksam ist und
ihnen dadurch Kraft und die Fähigkeit,
fern zu wirken, verleiht.
Der Lebensgeist, mit welchem nach
dieser Anschauung jeder lebende Körper
erfüllt sein soll, weicht aber auch von
vom Körper abgetrennten Theilen nicht,
sondern hält diese mit dem Hauptkörper
in steter übersinnlicher Verbindung. Des-
halb glaubte man im Stande zu sein,
mit solchen vom Körper losgetrennten
Bestandtheilen, die man »Mumien« nannte,
auf den Körper rückzuwirken. Der Lebens-
geist einer Mumie bleibt nämlich, wie die
Paracelsisten behaupteten, mit jenem des
Hauptkörpers gewissermassen in einem
magnetischen Rapporte, gleichviel, wie
gross die räumliche Entfernung beider auch
sein mag.
Die sympathetische Heilmethode machte
von dieser Eigenschaft der »Mumia« in-
soferne Gebrauch, als sie auf dieselbe ein-
wirkte, um durch deren Verbindung mit
dem Lebensgeiste des Körpers auf diesen
heilenden Einfluss zu nehmen.
Die magnetisch-sympathetische Natur-
anschauung, welche von den späteren
Philosophen verworfen wurde, lebte neuer-
dings in der Theorie des thierischen
Magnetismus von Mesmer, ferner in der
Odlehre des Freiherrn von Reichenbach,
wenn schon in einigermassen veränderter
Form, wieder auf. Reichenbach, der Ent-
decker des Kreosots und Paraffins, stellte
an mehr als 10.000 Personen Untersuchun-
gen an, um zu constatieren, dass jedes
|