|
Boot ein fast schwarzes Segel trug und
dass es das letzte war, das in den Hafen
einlief? Entsinnst Du Dich auch, dass es
Zeit zum Gehen war; das war uns leid,
und wir wollten erst aufbrechen, wenn
das letzte Boot anlegte. Dieser Zufall,
der das letzte Boot dunkel sein liess,
hätte uns eine Veranlassung zur Schwer-
muth sein können. Aber wie Liebende,
die dem Leben gut sind, haben wir dies
lächelnd hingenommen und uns wieder
einmal erkannt.«
So sollte man es auch im Dasein
machen. Es ist nicht immer leicht, zu
lachen, wenn die schwarzen Boote kom-
men, aber es ist möglich, etwas im
Leben zu finden, das uns beherrscht,
ohne uns betrübt zu machen, wie die
Liebe jenes Weib beherrschte, das der-
massen sprach und es doch nicht betrübte.
In dem Masse, wie Herz und Geist sich
erweitern, sprechen wir minder oft von
Ungerechtigkeit. Es ist gut, sich zu
sagen, dass auf dieser Welt alles zum
Besten für uns bestellt ist, da wir die
Früchte der Erde sind. Ein Gesetz des
Weltalls, das uns grausam dünkt, muss
unserem Wesen dennoch mehr ent-
sprechen, als alle noch so schönen Ge-
setze, die wir uns ausdenken. Die Zeiten
sind vielleicht gekommen, wo der Mensch
lernen muss, den Mittelpunkt seines
Stolzes und seiner Freude wo anders
als in sich selbst anzusetzen. In dem
Masse, wie unsere Augen sich öffnen,
fühlen wir uns von einer immer un-
geheuerlicheren Macht beherrscht, aber
wir erlangen zugleich die immer innigere
Gewissheit, an dieser Macht theilzuhaben;
und selbst, wenn sie uns schlägt, können
wir sie bewundern, wie der Knabe Tele-
|
mach die Kraft des väterlichen Armes
bewunderte.
Wer weiss, es gibt schon Augenblicke,
wo Das, was uns niederwirft, uns mehr
anzugehen scheint, als der Theil von uns,
der unterliegt. Nichts wechselt leichter
den Brennpunkt, als die Eigenliebe, denn
ein Instinct sagt uns, dass nichts uns
weniger zugehört. Die Eigenliebe der
Höflinge, die einen grossmächtigen König
umringen, ist stets bereit, in der Allmacht
dieses Königs eine glänzendere Freistatt
zu finden; und eine Demüthigung, die von
einem sehr gefürchteten Throne herab
auf ihr Haupt fällt, bricht ihren Stolz
umsoweniger, aus je grösserer Höhe sie
kommt. Die Natur würde, wenn sie minder
gleichgiltig wäre, uns nicht mehr unge-
heuer genug erscheinen. Unser Unend-
lichkeitsgefühl bedarf ihrer ganzen Unend-
lichkeit, um sich voll auszudehnen; und
etwas in unserer Seele wird immer vor-
ziehen, in einer Welt ohne Grenzen bis-
weilen zu weinen, als in einer beschränkten
Welt stets glücklich zu sein.
Wäre das Schicksal gegen den Weisen
also unveränderlich gerecht, so wäre Das
ohne Zweifel wunderschön, eben weil es
so wäre. Da es aber gleichgiltig ist, ist
es noch besser und vielleicht auch grösser;
und jedenfalls wird dem Weltall auf diese
Weise die Bedeutung zurückerstattet, die
unserer Seele genommen wird. Wir ver-
lieren dabei nichts, denn keine Grösse,
mag sie in der Natur oder im Grunde
unseres Wesens liegen, verliert sich für
den Weisen. Warum sich also über die
Stellung einer Unendlichen Gedanken
machen? Alles, was einem Wesen davon
angehören kann, wird immer nur Dem
angehören, der es bewundert. *
|