Wiener Rundschau: Jg. 3, Bd. 2, Nr. 17, S. 405
»Blaubart und Ariane« (Maeterlinck, Maurice)
Text
SÉLYSETTE:
Ich sehe das Meer
MELISANDE:
Und ich, ich sehe den Himmel. (Sie legt den Arm auf die Augen.) Nein,
nein, ich kann nicht, ich kann nicht
ARIANE:
Meine Augen beruhigen sich unter meinen Händen Wo sind wir?
BELLANGÈRE:
Ich will nur die Bäume sehen, wo sind sie?
YGRAINE:
Oh, wie grün ist das Land!
ARIANE:
Wir sind an den Wänden des Felsens.
YGRAINE:
Da sind Gitterstangen
MELISANDE:
Das Dorf dort unten Seht Ihr das Dorf?
SÉLYSETTE:
Wo sind die Menschen?
MELISANDE:
Da unten, da unten, ein Bauer!
SÉLYSETTE:
Er hat uns gesehen, er blickt herauf Ich will ihm ein Zeichen machen
(sie schwenkt ihr langes Haar). Er hat meine Haare gesehen. Er nimmt seinen
Hut ab. Er bekreuzigt sich
MELISANDE:
Eine Glocke! Eine Glocke! (Sie zählt die Schläge) Sieben, acht, neun
BELLANGÈRE:
Zehn, elf, zwölf
MELISANDE:
Es ist Mittag.
YGRAINE:
Wer singt dort so?
MELISANDE:
Aber es sind die Vögel Siehst Du sie nicht? Sie sitzen da zu
Tausenden in den grossen Pappeln den Fluss entlang
SÉLYSETTE:
Alladine Ein Segel! Wo ist sie? Alladine! Ich muss sie küssen
MELISANDE:
Alladine ist hier und ich küsse sie.
SÉLYSETTE:
Oh, Du bist blass, Melisande
Zitiervorschlag
Wiener Rundschau: Jg. 3, Bd. 2, Nr. 17, S. 405, in: Wiener Rundschau Digital (1896–1901), herausgegeben vom Austrian Centre for Digital Humanities (ACDH), Wien 2025 (https://acdh-oeaw.github.io/wiener-rundschau-static/WR-03-02-17_n0405.html)