Wiener Rundschau: Jg. 3, Bd. 2, Nr. 17, S. 406
»Blaubart und Ariane« (Maeterlinck, Maurice)
Text
MELISANDE:
Du auch, Du bist blass Sieh’ mich nicht an
SÉLYSETTE:
Dein Kleid ist zerlumpt, man sieht Dich hindurch
MELISANDE:
Deins auch. Deine blossen Brüste theilen Dein Haar Sieh’ mich
nicht an
BELLANGÈRE:
Wie lang Eure Haare sind!
YGRAINE:
Und unsere Gesichter — wie blass!
BELLANGÈRE:
Und unsere Hände — wie durchsichtig!
MELISANDE:
Alladine schluchzt
SÉLYSETTE:
Ich umarme sie, ich küsse sie!
ARIANE:
Ja ja küsst Euch, umarmt Euch! Seht Euch noch nicht an.
Kommt, glaubt nicht, das Licht wolle Euch betrüben Die Kerker sind
geöffnet. Man sieht bis auf den Grund. Tausend Strahlen tanzen auf den Stufen,
und auf dem stillen Wasser liegt ein Sonnenfleck
(Sie steigt schnell herab und läuft nach dem Eingang des Kerkers.)
SÉLYSETTE
(folgt ihr und zieht die andern Frauen nach):
Ja, ja, kommt, tanzen wir auch, tanzen wir dem Lichte zu Ehren
(Sie tanzen und singen eine Weile in rasender Freude im Sonnenlicht, das sich bis
zur Thür ergiesst, und eilen dann hinaus.)
GESANG UND TANZ:
Die fünf Mädchen von Orlamünde,
Als die Fee war todt,
Die fünf Mädchen von Orlamünde
Fanden Thür und Morgenroth!
Zitiervorschlag
Wiener Rundschau: Jg. 3, Bd. 2, Nr. 17, S. 406, in: Wiener Rundschau Digital (1896–1901), herausgegeben vom Austrian Centre for Digital Humanities (ACDH), Wien 2025 (https://acdh-oeaw.github.io/wiener-rundschau-static/WR-03-02-17_n0406.html)