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Werken und den secundären, für das
Durchnittspublicum berechneten Werken.
Die allein »verkaufen sich«, die angenehm
sind, eine leichte Auffassung verlangen,
bekannte Gefühle, verschiedene Peripetien,
eine landläufige Ideologie, ungezwungen-
unkünstlerische Sprache und hauptsächlich
einen übertriebenen Sentimentalismus auf-
zuweisen haben. Jede neue Idee, jede
Neuheit der Composition oder des Stils,
jedes Eingreifen der reinen Intellectualität,
jede eingehende Besprechung eines ernst-
haften und abstracten Themas stossen drei
Viertel der Käufer ab. Das letzte Viertel
ist das begrenzte Publicum dieser Bände;
auf dieses allein können die Schriftsteller
zählen, die aus der Banalität heraustreten
wollen. Was bringt nun in Paris ein Roman
unter solchen Bedingungen durchschnittlich
ein? Der Durchschnittspreis beträgt 0.40 Fr.
per abgezogenes Exemplar, und die Auf-
lage eines Erstlings-Romans übersteigt fast
nie 1500 Exemplare, wenn man nicht
nach dem Titel und dem Sujet des Werkes
einen stärkeren Verkauf voraussieht. Doch
diesen grossen Verkauf setzt man nie
voraus; ich erinnere an ein typisches Bei-
spiel, die »Aphrodite« von Pierre
Louys, einen der erstaunlichsten Erfolge,
die man seit langem erlebt hat. Obwohl
das Buch vorher im Feuilleton erschienen
war, und infolge der günstigen Be-
sprechungen ein Erfolg vorauszusehen
war, bereiteten die Verleger doch nicht
mehr als 3000—4000 Bände vor, und es
ward ihnen sehr schwer, die Fülle der
Bestellungen zu befriedigen, die sie ebenso-
sehr wie den Autor überraschte. Das aber
ist ein Ausnahmsfall. Der allgemeine
Durchschnitt ist ein mühseliger Verkauf
von 900—1000 Exemplaren. Nehmen wir
aber selbst die 1500 Bände an, dann
haben wir die Summe von 525 Francs
als das Honorar eines Werkes zu betrachten,
das seinem Verfasser lange Monate der
Arbeit gekostet hat, abgesehen von dem
Talent, das sich nicht bezahlen lässt,
d.h. eine gänzlich ungenügende Bezahlung.
Wenn man mir nun einwirft, das wäre
so beim ersten Band, und die Einnahmen
würden grösser werden, so habe ich
darauf zu erwidern:
1. Behaupte ich, dass ein Verkauf
von 1500 Exemplaren selten ist, und neun
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Zehntel der gelben Bände, die unter dem
Odéon oder auf dem Boulevard durch-
blättert werden, verkaufen sich höchstens
in 500—600 Exemplaren.
2. Gibt es Autoren von Talent, die
bis zu ihrem zehnten Werke nicht mehr
als 1500—2000 Exemplare pro Werk er-
reichen; da eine Auflage gewöhnlich
500 Exemplare umfasst, so kommen sie
mit Mühe und Noth zu der schmeichel-
haften Erwähnung: »Vierte Auflage« auf
dem Titelblatt ihres Bandes; Reinertrag
700 Francs jährlich nach zehnjähriger
Carrière, 1400, wenn man annimmt, dass
sie zwei Bände jährlich fertig bekommen.
3. Hat der debütierende junge Autor,
der mit 40 Centimes pro abgezogenes
Exemplar seines Werkes bezahlt wird,
schon sehr viel Glück. Und wie viele träu-
men in ihrer Provinz von diesem Triumph,
denn die Verleger stellen für den Unbe-
kannten, der ihnen ein Manuscript bringt,
vier Grade auf, je nach der Meinung,
die sie sich von ihm bilden: entweder
lehnen sie das Geschäft ab, oder sie
lassen den Autor die Druckkosten tragen
und theilen den Nutzen mit ihm, oder
sie tragen die Kosten des Bandes und
theilen mit dem Autor den Nutzen des
Verkaufes, nachdem sie ihre Spesen
gedeckt, oder sie bezahlen ihm ein
Honorar von 35—40 Centimes pro ver-
kauftes Exemplar. Der fünfte Grad,
»Gratisausgabe« und Honorar pro abge-
zogenes Exemplar, ist daher ein grosser
Vorzug für einen Debütanten, der den
moralischen Vortheil hat, in Paris von
einem bedeutenden Hause verlegt zu
werden Man ersieht aus diesem Ex-
posé approximativer Zahlen, dass der
Roman sozusagen fast nichts einbringt.
Daher kann man sich wohl denken,
dass der Schriftsteller ein anderes Mittel
sucht, um seinen Lebensunterhalt zu ver-
dienen, natürlich angenommen, dass er
kein Vermögen oder keinen anderen Beruf
ausserhalb der Literatur hat. Und so
kommen wir zum Journalismus. Er um-
fasst die Revuen und Zeitungen. Sprechen
wir zuerst von den Revuen.
Sie veröffentlichen Romane als Feuille-
ton, und diese Publication vor der Band-
ausgabe erhöht die Einnahmen je nach der
Bedeutung der Revuen und dem höheren
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