Wiener Rundschau: Jg. 4, Nr. 4, S. 84
Text
Von OTTO SACHS.*
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Dreierlei Standpunkte kann der Künstler Er kann es, wie es nun ist, mit offenen Den Künstler der ersten Art nenne Der sentimentale oder romantische |
großen Ideen und Ideale seiner Zeit, die
Aber: der fremde Künstler kennt |
* Dieses Bruchstück, das im folgenden Hefte der »Wiener Rundschau« seine Fortsetzung
finden wird, wurde dem Nachlasse des Dichters Otto Sachs entnommen, der im Herbst des
Jahres 1897 im Alter von 28 Jahren in Wien gestorben ist. Man vergleiche die Bemerkungen
auf der letzten Seite dieses Heftes. D. RED.
** In losem Anschluss an diese aphoristischen Ausführungen, denen anscheinend eine
ergänzende Fassung bestimmt war, findet sich unter den Papieren des Verfassers eine
Notiz,
die uns erkennen lässt, in welchem Sinne er sich die Durchführung und namentlich das
Ergebnis dieser Untersuchung über da Vinci gedacht hat. Sie lautet:
»Lionardos Christus (scheint mir) der vorbildlich geahnte Typus des modernen Cerebral-
Denk-Menschen; seine Mona Lisa der Typus der femme serpent etc. etc.«
In einer Notiz über Wagner, dessen »Tristan« in psychologische Beziehungen zu
Lionardo gebracht werden sollte, heißt es:
»Wagner gehört zu beiden obigen Typen und zum dritten auch noch dazu. Nur im
„Tristan“ ist er einmal ein fremder Künstler geworden, ganz aus den tiefsten Abgründen
seiner neuen und zukunftsschwangeren Seele herausschöpfend, ganz individuell und darum
an
das Kommende anklingend. So auch die Mittel des „Tristan“, das Festhalten des Schwebenden,
Entschlüpfenden, scheinbar noch Ungeborenen der Seele eines modernen Menschen mit
all ihren
Schauern Da ist er denn auch der größte Künstler der modernen Zeit geworden. Vgl.
Zitiervorschlag
Wiener Rundschau: Jg. 4, Nr. 4, S. 84, in: Wiener Rundschau Digital (1896–1901), herausgegeben vom Austrian Centre for Digital Humanities (ACDH), Wien 2025 (https://acdh-oeaw.github.io/wiener-rundschau-static/WR-04-04_n0084.html)