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Ueber die WIRKUNG DER FARBEN
und des farbigen Lichtes auf die NERVEN
finden sich interessante Bemerkungen in der
»Gäa« (XXXVI, 4). — — — Schon oft-
mals wurde die Behauptung aufgestellt, das
farbige Licht übe einen besonderen Einfluss
auf Menschen und Thiere aus. Einige der
niederen Organismen entfalten im violetten
Lichte schnelleres Wachsthum. Andererseits
hat Camille Flammarion nachgewiesen,
dass Seidenraupen im violetten Lichte am lang-
samsten wachsen. Experimente haben erwiesen,
dass das rothe Ende des Spectrums aufreizend,
die violette, blaue oder grüne Farbe be-
ruhigend einwirkt. So hat Wundt vor Jahren
die Beobachtung gemacht, dass die verschie-
denen Strahlen des Spectrums die Nerven
verschieden beeinflussen, und Dr. Douza hat
versucht, Nervenkrankheiten durch die Ein-
wirkung farbigen Lichts zu heilen. Die Me-
lancholie z. B. wurde mit rothem, die Tollwuth
mit blauem Licht erfolgreich behandelt. In den
Werkstätten Lumière in Lyon, die sich mit der
Herstellung lichtempfindlicher Platten befassen,
wurde Tag und Nacht bei rother Beleuchtung
gearbeitet — da sang und gestikulierte das
Personal beständig bei der Arbeit; jetzt ist
daselbst grünes Licht eingeführt, und das Per-
sonal bleibt ruhig, spricht wenig und spürt
weniger Ermüdung als ehemals. Ähnliche Er-
fahrungen wurden in der Wassercuranstalt
Vesinet gemacht. Man bringt dort Patienten
in violettes Licht, um sie zu beruhigen, in
rothes, um ihre Nerven zu beleben. Jedes ner-
vöse Subject weiß, dass es durch trübe Regen-
tage herabgestimmt, durch klares Wetter auf-
geheitert wird. Auch dies ist namentlich auf
Lichtwirkungen der Atmosphäre zurückzu-
führen, denen die Nerven gehorchen. Im
übrigen wirkt das Grün der Gewächse, das
Blau des Himmels, das Blaugrün des Meeres
beruhigend. Ausnahmsweise übt auch das rothe
Licht günstigen Einfluss aus, u. zw. auf Seekranke.
FIEBER-Erscheinungen bei PFLANZEN
will der Engländer H. M. Richards ent-
deckt haben. Seinen Beobachtungen nach stellt
sich auch bei Pflanzen, die innere oder äußere
Verletzungen erfahren haben, Temperatur-Er-
höhung ein. Der Höhepunkt dieses Fiebers ist
vierundzwanzig Stunden nach der Verwundung
erreicht. Die Untersuchungen wurden mittels
thermo-electrischer Elemente angestellt. Die
Temperaturzunahme war verhältnismäßig größer
und rascher als bei Thieren. Bei Pflanzen mit
dichtem Zellengewebe blieb der Krankheits-
process mehr local, bei Gewächsen mit zarter
Structur verbreitete er sich allmählich über die
ganze Pflanze. Dass auch die Pflanze eine Art
von Wundinfection erfahren kann, wodurch der
Stoffumsatz ein gesteigerter wird und der ganze
Lebensprocess des Protoplasmas schneller ab-
läuft, ist in der That durchaus nicht unmöglich.
Über die Richtigkeit der Richard’schen Beob-
achtungen und Messungen werden weitere Ex-
perimente zu entscheiden haben.
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Über das GESCHLECHT DER CHA-
RAKTERE spricht Ludwig Klages in einer
tiefgründigen Studie, die sich „Zur Menschen-
kunde“ („Graphologische Monatshefte“, III., 1)
betitelt. Wir stehen vor der Frage, ob die physio-
logischen Geschlechtsmerkmale für Zeichen ent-
sprechender Seelenverfassungen gelten dürfen.
Die Anwendung des Geschlechtsbegriffes auf die
Gesammtgestalt des menschlichen Charakters ist
theoretisch noch kaum in Angriff genommen.
Gerade die moderne Frauenbewegung scheint
sich gegen eine solche Anwendung zu sträuben;
den größten Theil der als spezifisch weiblich
bezeichneten Begabungen und Begabungslücken
möchte sie aus der Culturübermacht, dem Be-
vormundungstrieb des Mannes erklärt wissen.
Nichtsdestoweniger besteht ein Geschlechts-
unterschied der Charaktere, weil typische Ver-
schiedenheiten der Körper und Körperfunctio-
nen unzertrennlich sind von solchen der Seelen.
Fast das gesammte Seelenleben besitzt einen
geschlechtlichen Stimmungston. Die fundamen-
tale Verschiedenheit in den Liebesleidenschaften
ist ein Beweis für die sonstigen Verschieden-
heiten der Seele. Durch das gesammte Affect-
leben der beiden Geschlechter geht eine Ver-
schiedenheit der Functionsweisen und Thätig-
keitsvorstellungen hindurch. Man denke an die
seelische Frühreife der Frau und andererseits
an die Thatsache, dass Frauen, deren Energie,
Intellect, Interessensphäre etc. männlich ge-
artet sind, meist auch in ihren geschlecht-
lichen Neigungen und häufig sogar in körper-
licher Beziehung einer mittleren Spielart ange-
hören oder auf dem Nullpunkt sexueller
Erregbarkeit stehen. Diese Unterscheidungs-
merkmale machen es überflüssig, noch auf jene
hinzuweisen, die aus dem Willen zur Mutter-
schaft hergeleitet werden müssen. Die Lehre
vom Charakter der Frau ist, sagt Klages, mit
der Psychologie des Mutterthums nicht zu
identifizieren. Im Übrigen aber lässt sich noch
aus anderen Merkmalen die Anwendbarkeit
des Geschlechtsbegriffes auf den menschlichen
Charakter darthun und die Geschlechtlichkeit
in ihren Anzeichen bis in das höchste
Geistesleben hinein verfolgen.
Am 24. Juni dieses Jahres, 3 Uhr nach-
mittags, wird in Paris in den Räumen der
dortigen Theosophischen Gesellschaft (52, Ave-
nue Bosquet) unter dem Vorsitze Oberst
Olcott’s und unter Theilnahme Annie
Besant’s ein internationaler
theo-
sophischer
Congress
(Congrès Théoso-
phique International) eröffnet. — Andererseits
wird vom 15. bis 26. September ebendaselbst
der Congrès Spirite et Spiritualiste Interna-
tional de 1900
tagen, der — wie vorderhand
in Aussicht genommen wurde — fünf Sectionen
umfassen wird, u. zw.: die Section spirite,
magnétique, hermétique, théosophique und die
Section des Spiritualistes Indépendants. An-
meldungen bei Prof. H. Durville (23, rue
Saint-Merri, Paris).
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