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dreimal eine Art (durch unbekannte Ursachen
in der Luft erzeugten) musikalischen Tons
vernommen habe, und dass bald darauf ein
heftiger Sturm losgebrochen sei. Auf die
Meldung seines Negers, dass er ein starkes
Geräusch in der Luft gehört habe, sagte
ihm Poey ein Gewitter voraus — und diese
Prognose bestätigte sich. — Ein spanischer
Brücken- und Straßenbau-Ingenieur (der zwanzig
Jahre früher — 1834 — in Havana gewohnt),
hat ähnliche Thatsachen gesammelt und in
einem Buche niedergelegt, das lebhaft be-
zweifelt und angefochten wurde. — Diese
Töne waren nicht, wie die bisher von uns ge-
hörten, unregelmäßig und einförmig, sondern
stetig anschwellend. — Besteht aber trotz
dieser ins Auge springenden Verschiedenheit,
deren Wichtigkeit wir nicht zu leugnen suchen,
nicht auch eine gewisse Analogie zwischen den
beiden Phänomenen?«
Was sind nun diese problematischen
Töne, denen wir die in den Heiligen
Büchern (und von den bedeutendsten
Schriftstellern Griechenlands und Roms)
erwähnten Stimmen der Lüfte an die
Seite stellen könnten? Was sollen wir
von dem nächtlichen Lärmen des Wuotan-
heeres oder der Wilden Jagd denken, deren
Mythos so vielen deutschen Erzählern
als Stoff gedient? Wie endlich den Schrei
Ulama, diese Musik des Teufels, erklären,
die von Davy, Wolf, Haafner und Knox
an verschiedenen Orten der Insel Ceylon
und zu ganz verschiedenen Zeiten ge-
hört wurde? Folgen wir dem gelehrten
Georg Kastner, der von dem Gesang der
Sirenen in den himmlischen Chören spricht:
» Kühn fürwahr wäre derjenige, der
sie zu analysieren versuchte. Es ist dies eine
jener unaussprechlichen Harmonien, deren Ge-
heimnis die Gottheit streng bewahrt, einer jener
leuchtenden Töne, von denen die Sterblichen
nur den Schatten zu fassen vermögen. Die
bisher errungenen wissenschaftlichen Kennt-
nisse über die Projectionsart des Sonnenlichtes
durch den Weltenraum berechtigen zu dem
Gedanken, dass die Musik in dem Mythos von
der sprechenden Statue und die Mitwirkung
der Sirenen in den himmlischen Chören etwas
anderes ist, als eine bloße Erdichtung, als ein
rein religiöses oder philosophisches Symbol.
Diese seltsame Thatsache scheint mit einer
Thatsache natürlicher Art zu correspondieren,
nämlich mit der Thatsache, dass zwischen den
Gesetzen der Formation und Fortpflanzung der
Tonwellen und den Gesetzen der Formation
und Fortpflanzung der Lichtstrahlen Gleich-
artigkeit oder zum mindesten Analogie besteht.
Dieses physische Phänomen war schon den
Alten bekannt. Strabo spricht von dem Ge-
räusch der zwischen Spanien und Afrika ins
Meer sinkenden Sonne. Bekanntlich wurde
der griechische Apollo wie der indische
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Rudra als göttlicher Bogenschütze dargestellt,
der seinen Bogen spannt und seine Pfeile sendet,
woraus dann das Licht entsteht. Der stark
gespannte Bogen aber — tönt; die den Raum
durchfliegenden Pfeile pfeifen. Omi, Wôma,
Wuotan oder Wodan in den teutonischen
Mythologien personifizieren nach Grimm die
Schauer der Natur bei ihrem Erwachen, das
heißt: eine Art Erregung und Bewegung, die
sich in der Atmosphäre ankündigt, wenn die
Morgenröthe erscheint und eine frische Brise
durch die Wolken streicht. In diesem Sinne
nimmt Wuotan oder Wodan, ähnlich dem
Indra der Inder, den Charakter eines Luft-
gottes an, dessen Lärmen bei Tagesanbruch
in dem Getümmel oder im tollen Lauf der
Wilden Jagd sich vernehmen lässt.«
Da die Wissenschaft unsere Frage nach
dem Wesen des tönenden Phänomens in
der Natur im ganzen und großen noch
unbeantwortet gelassen hat, wollen wir die
Annalen des Welt-Wissens öffnen, die
Heiligen Bücher, in denen sich das Denken
der gesammten Menschheit condensiert.
Hier sehen wir den Ton auch zeitlich
mit dem Ursprung aller Dinge in Ver-
bindung gebracht, und alle Kosmogonien
vereinigen sich, ihn als Mittler der gött-
lichen Willensäußerungen zu grüßen.
In den »Forschungen über die Zeiten,
die den von Schu-King behandelten voran-
gegangen, und über die chinesische Mythologie«
wird (bei Besprechung der Geburt des Uni-
versums) Folgendes gesagt: »Die Überlieferung
berichtet, der große Name oder die große
Einheit umfasse Drei, Eins sei Drei und Drei
sei Eins. Ebenso meint Hoainan-tse: Jenes
Wesen, das weder Form noch Ton habe, sei
die Quelle, aus der alle materiellen Wesen und
alle wahrnehmbaren Töne hervorgegangen;
sein Sohn sei das Wasser.« Weiters fügt der
Verfasser des genannten Buches hinzu, Tchu-hi
sage, dass alle Dinge dem Herrn gehorsam
seien, besonders, wenn er sie rufe. Dieselben
Ideen finden wir in weit esoterischerer Form in
den Blättern des Tao von Laotse; »Tao« be-
deutet bekanntlich »Weg«, »Vernunft«, »Wort«.
Wir wollen nun aus den norwegischen
Urkunden schöpfen, obgleich man — und
mit größtem Unrecht — das Alter der
skandinavischen Mythologie oftmals be-
stritten hat. Die Edda von Snorri er-
innert, nachdem sie die zwölf Namen des
Allvaters aufgezählt (worunter die bezeich-
nendsten sind: Der Wieherer, Der wie-
hernde Wind, Der Flüsterer, Der Zauberer)
an die folgende Strophe der Voluspà:
»In der Morgenröthe der Zeiten, da war das
Nichts;
Da waren nicht Sand, nicht Meer, nicht er-
frischende Wogen;
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