Wiener Rundschau: Jg. 4, Nr. 13, S. 230

Wie gelangen wir zu einer heroischen Weltanschauung? Die Vorausbestimmung des Geschlechts bei der Erzeugung vom Standpunkte der occulten Wissenschaft (Kuhlenbeck, Ludwig, Dr.Hartmann, Franz)

Zum TEI/XML Dokument

Faksimile

Wiener Rundschau: Jg. 4, Nr. 13, S. 230

Text

HARTMANN: VORAUSBESTIMMUNG DES GESCHLECHTS BEI DER ERZEUGUNG.

mindesten fruchtbringenden Abwege zu
folgen.«

Nur von jenen Theoretikern und
Methodikern, von den einseitigen Gehirn-
menschen gilt Schillers Distichon:

»Alles will jetzt den Menschen von innen,
von außen ergründen;
Wahrheit, wo rettest du dich hin vor der
wüthenden Jagd?
Dich zu fangen, ziehen sie aus mit Netzen
und Stangen;
Aber mit Geistestritt schreitest du
mitten hindurch

Nicht mit den Netzen einer schola-
stischen Dialectik, noch mit den Stangen

der experimentellen Neugier werden wir
also ausziehen.

»Ist das Auge gesund, so begegnet es außen
dem Schöpfer;
Ist es das Herz, dann gewiss spiegelt es innen
die Welt!«

Und:

»Willst du, Freund, die erhabenen Höhen der
Weisheit erfliegen,
Wag’ es auf die Gefahr, dass dich die Klug-
heit verlacht;
Der Kurzsichtige sieht nur das Ufer, das dir
zurückflieht,
Jenes nicht, wo dereinst landet dein muthiger
Flug!«

DIE VORAUSBESTIMMUNG DES GESCHLECHTS
BEI DER ERZEUGUNG
VOM STANDPUNKTE DER OCCULTEN WISSENSCHAFT.
Von Dr. FRANZ HARTMANN (Florenz).

Eine zeitgemäße Dummheit findet
stets viel mehr Verehrer, als eine Wahr-
heit, für deren Verständnis die große
Menge noch nicht reif ist. Der Wunsch,
sich nach Belieben männliche oder weib-
liche Nachkommen zu verschaffen, hat
die abenteuerlichsten Pläne zum Vorschein
gebracht, und in jedem Jahrhundert traten
immer wieder darauf hinzielende Vor-
schläge auf, denen es mitunter nicht an
Genialität, wohl aber immer an der Haupt-
sache, nämlich an einer Kenntnis der
Naturgesetze fehlt, auf denen die Zeugung
beruht.

Der Umstand, dass gewisse Re-
productions-Organe paarweise vorhanden
sind, brachte manche Gelehrte auf den
Glauben, dass die eine Hälfte zur Er-
zeugung männlicher, die andere zur Er-
zeugung weiblicher Geschöpfe bestimmt
sei, und man unterwarf sich deshalb Ver-
stümmelungen (Ovariotomie etc.), die, wie
vorauszusehen war, zu nichts führten.
Andere wieder glaubten, den Schlüssel zur
Entdeckung des Geheimnisses in dem Zeit-
punkte der Zeugung, in der Verschieden-
heit des Alters der Erzeuger, in deren
Kraftverhältnissen u. dgl. zu finden, und

nicht die geringste Thorheit dieser Art
war die Idee, dass man die Frage durch
Regelung der Ernährung erledigen könne.

Alle diese Vorschläge beruhen nicht
nur auf einer völligen Unkenntnis der
Gesetze, welche das Geschlecht bestimmen,
sondern auf einer ganz verkehrten An-
schauung. Unwissenheit ist es, wenn man
nur ganz materielle Umstände in Betracht
zieht und das Wirken des Geistes, welches
allen äußerlichen Erscheinungen zugrunde
liegt, gar nicht beachtet. Die Ver-
kehrtheit aber liegt darin, dass man das
Leben mit seinen verschiedenen Formen
für ein Product der Materie hält, anstatt
alle Formen als Producte des Lebens zu
erkennen. Die Bestimmung des Geschlechts
ist nicht von materiellen Zuständen bedingt,
sondern von den Eigenschaften des Geistes,
der in der Materie Leben und Formen
erzeugt. Die Fragen, wegen deren Lösung
die auf dem Standpunkte des Materialismus
stehenden Gelehrten sich die Köpfe zer-
brechen, sind schon längst von der occulten
Wissenschaft gelöst, und die Umstände,
welche bei der Bestimmung des Ge-
schlechts maßgebend sind, finden sich in
den Werken von Theophrastus Paracelsus

Zitiervorschlag

Wiener Rundschau: Jg. 4, Nr. 13, S. 230, in: Wiener Rundschau Digital (1896–1901), herausgegeben vom Austrian Centre for Digital Humanities (ACDH), Wien 2025 (https://acdh-oeaw.github.io/wiener-rundschau-static/WR-04-13_n0230.html)