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LONDONER VORTRÄGE. — Annie
Besant hielt am 31. August in der Battersee
Town Hall in London vor einem zahlreichen
Auditorium einen Vortrag über »Theosophy
and Current Events. England and the East«
(Theosophie und actuelle Ereignisse. England
und der Osten). Sie wies zunächst darauf hin,
dass manche der Ansicht wären, die Theosophie
könne als metaphysisches System mit poli-
tischen Ereignissen nicht in Verbindung ge-
bracht werden. Dieser Meinung müsse man,
so erklärte sie, entgegentreten. Die Theo-
sophie beleuchte im Gegentheil auch die Tages-
fragen, da ihre beiden Fundamental-Lehren,
die Evolution der Menschenrassen und die
Reïncarnation, zum Verständnisse vieler Pro-
bleme von internationaler Tragweite verhelfen.
Bezüglich der Ereignisse in China besprach
Mrs. Besant zunächst Berichte aus dem Innern
des Reiches, aus denen hervorgeht, dass das
Volk daselbst friedlich in Dörfern lebt, wo
Armut und Laster nicht existieren, und in
edler Weise Gastfreundschaft übt, während an
der Küste, wo die Bevölkerung mit der west-
lichen »Civilisation« in Berührung gekommen
ist, Grausamkeit, Brutalität und Lügenhaftigkeit
unter derselben vorherrschen und jeder Fremde
als Feind betrachtet wird. Das sei durch die
Anmaßung der westlichen »Culturvölker« ver-
anlasst worden, die China nur für ihren Vor-
theil gebrauchen und die Anschauungen des
Westens der Bevölkerung aufzwingen, wenn
sie sich nicht gutwillig fügt. »Wir haben das
göttliche Recht der Könige aufgegeben, aber
das göttliche Recht des Kaufmanns über
die ganze Welt aufgestellt.« (Bewegung.)
In Amerika, so führte Frau Besant des
weiteren aus, leben gegenwärtig die Chinesen
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unter so drückenden Gesetzen, dass, wenn
man versuchen wollte, auch nur den kleinsten
Theil derselben den Fremden in China auf-
zubürden, sofort der ganze Westen in Waffen
gegen das himmlische Reich sich erheben
würde. Amerika habe versucht, die Chinesen
auszuschließen, aber es habe seine Streitmächte
in China, um sofort den Willen des Westens
dem Reiche aufzwingen zu können. In Australien
seien dieselben drückenden Gesetze gegen die
Chinesen in Kraft. »Australien für die Austra-
lier«, »Amerika für die Amerikaner« seien
populäre Rufe, aber als der Ruf »China den
Chinesen« erscholl, habe man bei uns von
Barbarei gesprochen! (Gelächter.) Man sollte
doch unparteiisch und gerecht urtheilen. Wenn
es recht wäre, den Weg durch China mit
den Waffen zu erzwingen, warum sollte nicht
auch China seinen Weg durch Amerika und
Australien mit Gewalt erzwingen. Wenn sich
einmal die Idee im Kopfe der Chinesen fest-
gesetzt haben werde, dass es recht sei, seinen
Weg durch ein fremdes Land zu erzwingen,
dann würden die ungezählten Millionen Chinas
eine wirklich schwer zu lösende Frage schaffen,
und das Resultat des Versuches, ihnen die west-
liche »Civilisation« aufzuzwingen, könnte die In-
vasion des Westens durch die große Bevölke-
rung des Ostens sein. Die Ereignisse in Peking
hätten die chinesische Cultur ebenso verletzt,
wie die christliche Religion.
PARISER CONGRESSE. — Der inter-
nationale
Congress für Psychologie
war von zahlreichen Gelehrten der verschie-
densten Richtung, die aus irgendeinem Grunde
der modernen psychischen Forschung Inter-
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