|
»Du Narr!«
»Meinetwegen Narr; ich aber sage,
wo ein Herz schlägt, wo eine Seele
athmet, da zittert das durch das ganze
Weltall — wie das Herz schlägt —«
»Ha! ha!«
»Du lachst! Fangen wir wieder von
vorn an.«
»Ich bin gespannt, was nun kommt.«
»Hast du schon geliebt?«
»Komische Frage! Wer war nicht
einmal verliebt.«
»Geliebt, sagte ich.«
»Meinethalben, auch das.«
»Und wenn du in dein Zimmer tratst,
und deine Geliebte war da in deiner
Abwesenheit, — so weißt du das in
dem Augenblick, wenn du dein Zimmer
betrittst; auch wenn nichts darin verrückt
oder verändert ist, — auch wenn deine
Geliebte nicht parfümiert war.«
»Sehr gut! — Na, ja.«
»Etwas in dir spricht dann plötzlich:
sie war da! Was spricht da wohl in
dir — — wer spricht da?«
»Was weiß ich!«
»Ihre Seele, ihr Selbst, das im Zimmer
zurückgeblieben ist — das dir aus allen
Gegenständen entgegenzittert, von dem
dein ganzes Zimmer und was darinnen
ist — zittert!«
»Du bist toll, Mensch.«
»Noch nicht klar? Fangen wir aber-
mals von vorn an. — Wenn sich zwei
Seelen lieben, dann schlagen ihre Herzen
zusammen, dann stimmen sich ihre Seelen
aufeinander — —«
»Zugegeben.«
»Dann athmet die eine Seele mit der
anderen — dann sind beide wie durch
ein unsichtbares Band verknüpft — dann
weiß die eine Seele, wie die andere
Seele athmet —«
»Ein bischen compliciert.«
»Wenn eine Saite tönt, — dass die
verwandten Saiten dann mitklingen, das
scheint dir so selbstverständlich; wenn
du rufst — dass sich der Schall hinüber-
trägt bis zu dem Anderen, hundert Schritte
weit, und in dessen Ohr wieder zur
Rede wird, die aus deinem Munde gieng,
das scheint dir so selbstverständlich; und
wenn du durch das Telephon sprichst —
dass der Draht dann deine Worte fort-
|
trägt, meilenweit, dass der Andere sie
vernimmt, das scheint dir so selbstver-
ständlich.«
»Ja, das ist auch etwas anderes.«
»Was ist da anderes?«
»Ja nun, erklären lässt sich’s nicht!«
»Erklären lässt sich’s nicht! Und
wenn zwei Seelen zusammen athmen
— zwei Seelen, die einander lieben, die
wissen, wie sie athmen — —«
»Weiter, weiter!«
»Sind die nicht verbunden, und stünden
sie an den Enden des Weltalls? Sind
sie nicht durch Luft und alles, was da-
zwischen liegt, verbunden? Sind sie
nicht durch das ganze Weltall miteinander
verbunden?«
»Na, na!«
»Was bedürfen sie also noch des
Leitungsdrahtes, um miteinander zu
sprechen? Sprechen sie nicht miteinander,
indem sie athmen?«
»Immer lustiger!«
»Mag sein; ich aber sage dir, wenn
die eine Seele schwer athmet, das fühlt
dann die andere Seele, und stünde sie
am anderen Ende der Welt; sie athmet
dann auch schwer, denn sie kann nicht
anders — sie muss athmen, wie ihre
Schwesterseele athmet.«
»Nun, nimm mir’s aber nicht übel —«
»Wo endet das Leben einer Seele, als
in den äußersten Wellenringen, die sie
aufwirft? Und müssen sich nicht die
Wellenringe aller Seelen durchkreuzen?
Zittern, leben nicht alle Seelen bis
in ihren äußersten Wellenringen, bis
in die äußersten Zonen des Weltalls?
Und müssen nicht zwei Seelen, die auf-
einander gestimmt sind, sich in ihren
Wellenringen fühlen? Müssen sie nicht
erklingen, indem jede von den Ringen
der anderen durchzogen wird? Und durch-
zogen muss doch jede von der anderen
werden, denn sie leben ja in demselben
Stoff-Meer.«
»Nun hör’ aber auf!«
»Nur das Eine noch: Ist das denn
etwa wunderbarer, räthselhafter, als wenn
ich hier eine Saite anschlage, und ganz
dort drüben klingt eine andere von selber
mit — unaufgefordert? Und was bei
todten Saiten statt hat, das sollte bei
|