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Fabriken thun? Dass wir in Wien die geeig-
neten Künstler für solche Arbeiten haben,
daran ist wohl nicht zu zweifeln. Man sehe
nur die Thonwaren und Fayencen, welche
Professor Josef Hoffmann und Maler Adolf
Böhm unter Mitarbeit der Professoren Linke
und Adam von der Kunstgewerbeschule aus-
geführt und gegenwärtig in der Secession aus-
gestellt haben.
Da ist das kleine Dänemark. Es besitzt
zwei hervorragende keramische Fabriken, die
in edlem Wettstreit die herrlichsten Dinge auf
den Markt bringen. Die seltene Mischung von
urwüchsigem Temperament und feinster Sensi-
bilität, wie sie den besseren Exemplaren dieser
Nation eigen ist, findet man in den durchwegs
vorzüglichen Stücken dieser Ausstellungen, an
deren jedem eine Unzahl von Visitkarten —
die Namen der Käufer — befestigt ist. Von
dem universellen Künstler Bindesböll, einer
Art Gegenstück zu Van de Velde, sind die
entscheidenden modernen Anregungen in Däne-
mark ausgegeben worden. Die vorhergehende
Epoche ist von der starken classicistischen
Strömung und später von der Renaissance-
Nachahmung beherrscht gewesen. Aber die
Bekanntschaft mit den japanischen Vasen und
Gefäßen veranlasste eine totale Umwandlung
des Geschmacks. Zuerst trat die »Königliche
Porzellan-Manufactur« mit ihren zarten Vasen
und Geschirren hervor, in deren feinen blauen,
seltener grauen und bräunlichen Farbtönen die
sanfte Grundstimmung der dänischen Landschaft
wiederklingt. Die Fabrik von Bing & Grondahl
bewegte sich anfangs in derselben Geschmacks-
richtung; als aber neben dem commerziellen
Director Harald Bing eine künstlerische Per-
sönlichkeit von starker Eigenart, der lange als
überspannt verschrieene Maler M. J. F. Wil-
lumsen, auftrat, begann die jüngere Fabrik die
ältere weit zu überflügeln. Von dem Reichthum
an Formen und Techniken, welche in dieser
Ausstellung zu sehen sind, einen Begriff zu
geben, ist schwer. Denn es sind wenige Stücke,
die mit den bei uns üblichen vergleichbar
wären. Freilich gibt es auch hier Vasen,
Fruchtschalen, figurale Gruppen, aber die ganze
Empfindungs-Scala vom Zierlichen bis zum Er-
habenen ist in diesen Formen des blankweißen
Materials zum Ausdruck gebracht. Die zum
Mystischen und Symbolischen neigende nor-
dische Gemüthsart hat sich hier zum erstenmale
der sogenannten objets d’art bemächtigt. Neben
Motiven der Blumenwelt, Rosen, Anemonen,
Seerosen etc., die im Halbrelief und leichter
Colorierung die Gefäße schmücken, findet man
z. B. Polichinelle, unter Sträuchen spielende
Kinder oder »das Werden«, »die Civilisation« etc.
als Grundmotive der Decoration verwendet.
Grab-Urnen von geradezu monumentaler Wir-
kung in erhaben-einfachen Formen bilden die
merkwürdigsten Stücke der Sammlung. Ein
Stab von eifrigen Künstlern, darunter mehrere
Damen, ist unter Leitung von Willumsen um
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diese Neuheiten bemüht gewesen: Fräulein
Dewes (Seerose), Hegermann-Lindencrane (Por-
zellanschale und durchbrochene Vasen), Inge-
borg Plockross (Aschen-Urne), Garde und Hahn,
Jensen; von den Männern sind N. Nilsen,
A. Locher, Elias Petersen, Siegfried Wagner,
H. Kofoed u. a. die productivsten. Die Krüge
von Svend Hammershöy bilden eine eigene
Gruppe, sie folgen mehr den Spuren von
Bindesböll. Die Techniker der Fabrik, Holm
und Hallin, sorgen dafür, dass alle diese künst-
lerischen Ideen auch entsprechend in die Er-
scheinung treten. Sie verwenden lieber plastische
Bildungen, als coloristische Effecte, weil sie die
schöne weiße Farbe des Porzellans zur Gel-
tung bringen wollen. Aber in discreter Ver-
wendung kommen sowohl eingebrannte Farben,
als aufgetragene Oxydierungen und Emails vor;
so beispielsweise ein prächtiges Email in Kobalt-
blau, welches zum blendenden Weiß sehr gut
contrastiert, aber andere Nebenfarben schwer
duldet; auch ein Blassrosa hat Hallin gefunden.
Willumsen verwendet mit großem Erfolge
Eisenoxyde mit bronzefarbenem und schwarzem
Effect.
Die dänischen Porzellane wurden hier aus-
führlicher geschildert, weil sie mehr als die
besten deutschen Arbeiten als Vorbilder für
die österreichische Production gelten können.
Eine gewisse Zartheit der Naturauffassung, ein
Durchklingen mystischer Gefühlstöne in der
Ornamentierung scheinen mir in nächster Ver-
wandtschaft mit jenen künstlerischen Qualitäten
zu stehen, welche den Ausstellungen der Wiener
Secession eigen sind. Wollte man noch
die verschiedenen Formen charakterisieren,
oder die Art, wie die figuralen Stücke gebildet
werden etc., so müsste man diesen Arbeiten
einen besonderen Aufsatz widmen. Hoffentlich
gibt eine Ausstellung in Wien bald den triftigen
Anlass hiezu.*
Lg. A.
Über RODIN sagt René Berthelot im
October-Hefte der »Plume« u. a. Folgendes:
Auguste Rodin hat sich selbst gebildet; er
hat sich in langer, praktischer Lern-Arbeit
langsam erzogen, ohne der künstlerischen Art
irgendeines seiner Zeitgenossen zu folgen, und
so hat er sich allmählich eine Technik ge-
schaffen, deren Kühnheit und Ursprünglichkeit
ihn fähig macht, immer vollkommener und un-
mittelbarer die Vision zu gestalten, die er von
der Natur, und die Empfindungen, die er vom
Leben empfängt.
Da Rodin den Ausdruck der Geistigkeit
und nie die bloße materielle Realität gesucht
hat, sah er sich veranlasst, die Technik der
Sculptur in dem nämlichen Sinne umzugestalten,
in dem ein Velasquez, ein Rembrandt die
Technik der Malerei umgebildet haben. An-
fänglich, jahrelang, hat er seine Werke in allen
ihren Theilen gleichmäßig zu Ende geführt
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