Wiener Rundschau: Jg. 1, Bd. 1, Nr. 2, S. 42

Alladine und Palomides (Maeterlinck, Maurice)

Zum TEI/XML Dokument

Faksimile

Wiener Rundschau: Jg. 1, Bd. 1, Nr. 2, S. 42

Text

42 MAETERLINCK.

die sie vorstellen, und ich vermag ihre Stimmen zu unter-
scheiden

Alladine.

Ich weiss es

Ablamore.

Verzeiht, ich wiederhole zuweilen ein und dasselbe, mein
Gedächtniss ist nicht mehr so treu Es ist nicht das Alter;
ich bin noch kein Greis, dem Himmel sei Dank, doch Könige
haben tausend Sorgen. Palomides hat mir seine Erlebnisse
erzählt

Alladine.

Ah!

Ablamore.

Er hat nicht das gethan, was er thun sollte; die jungen
Leute haben keine Willenskraft mehr. — Ich wundere mich
über ihn. Unter Tausenden hatte ich ihn für meine Tochter
gewählt. Sie bedurfte einer ebenso tiefen Seele wie die ihre. —
Er hat nichts gethan, was nicht entschuldbar wäre, aber ich
hatte mehr erhofft Was denkst du von ihm?

Alladine.

Von wem?

Ablamore.

Von Palomides.

Alladine.

Ich habe ihn nur einen Abend gesehen

Ablamore.

Ich wundere mich über ihn. — Alles ist ihm bisher
gelungen. Was er begann, vollendete er, ohne etwas zu sagen.
Mühelos entrann er der Gefahr, während Andere keine Thüre
öffnen können, ohne den Tod dahinter zu finden. — Er war
einer von denen, die die Ereignisse auf den Knien zu erwarten
scheinen. Aber seit einiger Zeit ist irgend etwas gebrochen.
Man könnte glauben, er habe nicht mehr denselben Stern, und
jeder Schritt, den er thut, entferne ihn von sich selbst. — Ich
weiss nicht, was es ist. — Er scheint nichts davon zu sehen,
aber Fremde können es bemerken Doch sprechen wir von
etwas Anderem; da bricht die Nacht herein, längs der Mauern

Zitiervorschlag

Wiener Rundschau: Jg. 1, Bd. 1, Nr. 2, S. 42, in: Wiener Rundschau Digital (1896–1901), herausgegeben vom Austrian Centre for Digital Humanities (ACDH), Wien 2025 (https://acdh-oeaw.github.io/wiener-rundschau-static/WR-01-01-02_n0042.html)