Wiener Rundschau: Jg. 1, Bd. 1, Nr. 2, S. 43
Text
sehe ich sie aufsteigen. Willst du, dass wir zusammen bis
zum Wäldchen von Astolat gehen wie die andern Abende?
Alladine.
Ich gehe heute Abend nicht aus.
Ablamore.
Wir werden hier bleiben, weil du es vorziehst. Doch
die Nacht ist mild und der Abend so schön. (Alladine schaudert,
ohne dass er es bemerkt.) Ich habe Blumen längs der Hecken
pflanzen lassen, und ich möchte sie dir zeigen
Alladine.
Nein, diesen Abend nicht Wenn Ihr es zufrieden
seid Ich gehe ja gerne mit Euch dahin Die Luft
ist so klar und die Bäume Aber nicht heute Abend
(Sie schmiegt sich weinend an die Brust des Greises.) Ich bin ein wenig
leidend
Ablamore.
Was ist dir denn? Du wirst fallen Ich werde
rufen
Alladine.
Nein, nein Es ist nichts Es ist vorbei
Ablamore .Setze dich. Warte
(Er eilt zur Thüre im Hintergrund und öffnet beide Flügel. Man sieht Palomides
auf einer Bank gegenüber dieser Thüre sitzen. Er hat nicht Zeit gehabt, die Augen
abzuwenden. Ablamore blickt ihn scharf an, ohne etwas zu sagen; dann kehrt er
in das Zimmer zurück. Palomides erhebt sich und entfernt sich auf dem Gange,
indem er seine Schritte möglichst dämpft. Das zahme Lamm geht aus dem Gemache,
ohne dass sie es bemerken.)
II. Scene.
Eine Zugbrücke über den Graben des Palastes; auf den entgegengesetzten Enden
der Brücke treten Palomides und Alladine mit dem zahmen Lamm auf. —
König Ablamore neigt sich aus einem Thurmfenster.
Palomides.
Ihr geht aus, Alladine? — Ich kehre zurück. Ich komme
von der Jagd. — Es hat geregnet.
Zitiervorschlag
Wiener Rundschau: Jg. 1, Bd. 1, Nr. 2, S. 43, in: Wiener Rundschau Digital (1896–1901), herausgegeben vom Austrian Centre for Digital Humanities (ACDH), Wien 2025 (https://acdh-oeaw.github.io/wiener-rundschau-static/WR-01-01-02_n0043.html)