Wiener Rundschau: Jg. 1, Bd. 1, Nr. 2, S. 45

Alladine und Palomides (Maeterlinck, Maurice)

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Wiener Rundschau: Jg. 1, Bd. 1, Nr. 2, S. 45

Text

ALLADINE UND PALOMIDES. 45

Alladine.

Werdet Ihr’s retten?

Palomides.

Es retten? Aber seht doch, schon ist es im Trichter.
Noch einen Augenblick, und es verschwindet unter den Ge-
wölben, und Gott selbst wird es nie wiedersehen

Alladine.

Hinweg! Hinweg!

Palomides.

Was habt Ihr?

Alladine .

Hinweg! — Ich will Euch nicht mehr sehen!

(Ablamore tritt eilig auf, ergreift Alladine und zieht sie heftig mit sich fort,
ohne etwas zu sagen.)


III. Scene.

Ein Gemach im Palaste.

Ablamore und Alladine.

Ablamore.

Du siehst es, Alladine, meine Hände zittern nicht, mein
Herz schlägt wie das eines schlafenden Kindes, und niemals
hat Zorn meine Stimme erregt. Ich zürne Palomides nicht,
wenn auch Alles, was er thut, unentschuldbar erscheinen kann.
Und du, Aladine, wer könnte dir zürnen? Du folgst Gesetzen,
die du nicht kennst, und du konntest nicht anders handeln.
Ich will mit dir nicht über das sprechen, was sich vor einigen
Tagen längs der Gräben des Palastes zugetragen, noch über
all das, was mir den unerwarteten Tod des Lammes hätte ent-
hüllen können, wenn ich den Wahrzeichen einen Augenblick
lang Glauben schenken wollte. Aber gestern Abend habe ich
den Kuss überrascht, den ihr euch unter Astolainens Fenster
gegeben habt. In diesem Augenblicke war ich mit ihr in ihrem
Zimmer. Sie hat eine Seele, die sich so sehr scheut, durch eine

Zitiervorschlag

Wiener Rundschau: Jg. 1, Bd. 1, Nr. 2, S. 45, in: Wiener Rundschau Digital (1896–1901), herausgegeben vom Austrian Centre for Digital Humanities (ACDH), Wien 2025 (https://acdh-oeaw.github.io/wiener-rundschau-static/WR-01-01-02_n0045.html)