Wiener Rundschau: Jg. 1, Bd. 1, Nr. 5, S. 175

Alladine und Palomides (Maeterlinck, Maurice)

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Wiener Rundschau: Jg. 1, Bd. 1, Nr. 5, S. 175

Text

ALLADINE UND PALOMIDES. 175

Palomides.

Meine Augen thränen noch von dem Druck der Binde
Im Finstern sind wir nicht. Seid Ihr es, welche ich dort
höre, wo es hell wird?

Alladine.

Ich bin hier, kommt.

Palomides.

Ihr seid am Rande des Lichtschimmers, der uns leuchtet.
Rührt Euch nicht; ich sehe nicht Alles um Euch her! Meine
Augen haben die Binde noch nicht vergessen. Man hat sie
zusammengeschnürt, als hätte man mir die Augen vernichten
wollen.

Alladine.

Kommt, die Fesseln ersticken mich. Ich kann nicht länger
warten

Palomides.

Ich höre nur eine Stimme, die aus dem Lichte dringt

Alladine.

Wo seid Ihr?

Palomides.

Ich weiss es selbst nicht. Ich schreite noch in der
Finsterniss Sprecht weiter, dass ich Euch finde. Ihr
scheint am Rande einer grenzenlosen Helle

Alladine.

Kommt! Kommt! Ich habe schweigend gelitten, aber ich
kann nicht mehr

Palomides (sich vorwärs tastend).

Da seid Ihr? Ich habe Euch so fern geglaubt! Meine
Thränen haben mich getäuscht. Ich bin hier, und ich sehe
Euch. Oh! Eure Hände sind verwundet! Das Blut ist auf Euer
Kleid geflossen, und die Fesseln sind in das Fleisch gedrun-
gen. Ich habe keine Waffen mehr. Sie haben mir meinen
Dolch genommen. Aber ich werde sie zerreissen. Wartet!
Ich habe den Knoten gefunden.

Zitiervorschlag

Wiener Rundschau: Jg. 1, Bd. 1, Nr. 5, S. 175, in: Wiener Rundschau Digital (1896–1901), herausgegeben vom Austrian Centre for Digital Humanities (ACDH), Wien 2025 (https://acdh-oeaw.github.io/wiener-rundschau-static/WR-01-01-05_n0175.html)