Wiener Rundschau: Jg. 1, Bd. 1, Nr. 5, S. 184

Der fliegende Holländer (Altenberg, Peter)

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Wiener Rundschau: Jg. 1, Bd. 1, Nr. 5, S. 184

Text

DER »FLIEGENDE HOLLÄNDER«.
Von Peter Altenberg (Wien).

Wie Senta im »Fliegenden Holländer« sind alle Frauen-
seelen.

Ueber ihren Thüren ist das Bild gemalt des »Fliegenden
Holländerst, dieses organische und unentrinnbare Bedürfniss
ihrer romantischen und kindlichen Seelen.

In einen weiten dunklen Mantel gehüllt, wie mit den
Weltenschwingen angethan, sehen sie ihn mit seinen räthsel-
vollen Augen und seinem Schicksale des ewig Wandernden.
Einen suchen sie; der ewig sich bewegt und Ruhe sucht im
Weibe!

Ueber den weissen Thüren ihrer kindlichen Schlaf-
gemächer hängt dieses Bild, über den braunen Thüren mit
Goldleisten ihrer Salons, über den gelben Thüren ihrer Land-
villen, über den dunklen Thoren ihres Lebens!

Nie öffnet sich die Thüre. Nie erscheint er.

Aber siehe!

Hingegen steht Einer da, des Morgens, in langen weissen
leinwandenen Beinkleidern mit Zugbändern, taucht das
Zahnbürstchen in Pasta Boutemard (Doctor Suin de Boute-
mard), gurgelt, wählt unter verschiedenen Halsbinden eine
geeignete aus, befestigt goldene Knöpfchen in dem Hemde
— — —. Fertig!

Senta sitzt aufrecht, an den weissen Kopfpolster an-
gelehnt, in ihrem breiten Bette und betrachtet. Wohin
lauscht sie?!

»Um mich zu erlösen, musst du für mich in den
Tod geh
’n — — —.«

»Ich bin bereit, Herr — — —.«

Zitiervorschlag

Wiener Rundschau: Jg. 1, Bd. 1, Nr. 5, S. 184, in: Wiener Rundschau Digital (1896–1901), herausgegeben vom Austrian Centre for Digital Humanities (ACDH), Wien 2025 (https://acdh-oeaw.github.io/wiener-rundschau-static/WR-01-01-05_n0184.html)