Wiener Rundschau: Jg. 1, Bd. 2, Nr. 15, S. 594
Die magische Vertiefung der modernen Naturwissenschaft (Du Prel, Dr. Carl)
Text
purgirt;1) dasselbe Resultat erhielt er aber, als er durch das leere Glas
mit dem Wunsche blies, es sollte Purgiren eintreten.2) Tardy hat schon
im vergangenen Jahrhunderte physikalische Versuche mit Zwischenkörpern
gemacht. Als er beim Magnetisiren seinen Stab auf Fräulein N. richtete,
sah sie das Od aus dem Stabe wie einen dicken Goldfaden mit glänzenden
Sternen ausstrahlen. Als er eine Silbermünze als Zwischenkörper benützte,
drang aus derselben eine Art von Nebel ohne Farbe und Sterne. Durch
Eisenplatten drang das Od ohne Farbenwechsel hindurch, in gleicher
Richtung und mit gleicher Schnelligkeit. Bei Anwendung einer Glas-
lupe aber wurde die Geschwindigkeit der Ausstrahlung vergrössert und
wurde noch weiter vermehrt, als eine zweite Lupe hinzugefügt wurde.
Durch Gold hindurchgeleitet, wurde das Od lebhafter, schneller und
legte einen weiteren Weg zurück.3) Piati in Venedig bewies 1747,
dass, wenn riechende Substanzen in eine Flasche eingeschlossen werden,
der Geruch sich beim Elektrisiren der Flasche im Zimmer verbreitet;
dass ferner, wenn man Substanzen Leuten in die Hand legt, die elektri-
sirt werden, die medicinischen Eigenschaften dieser Substanzen sich
ihnen mittheilen, wie wenn sie innerlich genommen worden wären.
Verati in Bologna, Bianchi in Turin und Winkler in Leipzig haben
diese Beobachtungen bestätigt gefunden.4) Endlich hat schon der alte
Porta behauptet, dass, wenn man Symphonien auf Instrumenten spielt,
die aus Holz von medicinischer Eigenschaft bestehen, die gleichen
Wirkungen eintreten, wie von Medicamenten, die aus den betreffenden
Pflanzen gezogen sind.5)
Man hat beim Magnetisiren auch Menschen als Zwischenkörper
benützt. Du Potet wollte Fräulein Samson mit Frau V. in Rapport
bringen. Als es nicht gelingen wollte, verfiel er auf den Ausweg, sie
durch diese Frau hindurch zu magnetisiren, wobei sich die Beiden die
Hand reichten. Das Fräulein schlief dadurch ein.6) Kranke Zwischen-
personen eignen sich zu solchen Versuchen nicht, weil sie den auf-
genommenen Magnetismus für sich selbst verwenden und höchstens den
Ueberschuss abgeben. Aus demselben Grunde sind leblose Substanzen
ungeeignet, die selber eine grosse Odcapacität besitzen, d. h. viel Od
aufnehmen können, wie z. B. Wasser.
Der animalische Magnetismus, durch Zwischenkörper hindurch-
gehend, wird also zum Träger ihrer odischen Qualitäten und überträgt
dieselben auf den Patienten. Der Theorie nach müsste es also möglich
sein, auch Krankheiten einer Person auf eine fremde zu übertragen.
Ueber diesen »Transfert« hat in neuerer Zeit Babinski7) Versuche an-
gestellt, die später von Professor Luys und Dr. Encausse in systema-
1) Bourru et Burot: »La suggestion mentale«, 275—278.
2) Macario: »Du sommeil«, 245.
3) Tardy de Montrovet: »Essai sur la Théorie du somnambulisme«, 103.
4) Rochas: »Les états profonds de l’hypnose«, 50—52.
5) Porta: »Magia naturalis«, I, C. 22.
6) Du Potet: »Expériences publiques«, 84.
7) »Progrès médical«. 1886.
Zitiervorschlag
Wiener Rundschau: Jg. 1, Bd. 2, Nr. 15, S. 594, in: Wiener Rundschau Digital (1896–1901), herausgegeben vom Austrian Centre for Digital Humanities (ACDH), Wien 2025 (https://acdh-oeaw.github.io/wiener-rundschau-static/WR-01-02-15_n0594.html)