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THEATER.
Burgtheater. »Mädchen-
traum.« Spiel in drei Acten von
Max Bernstein.
In die Reihe dramatischer In-
dustrieller, die sich seit einigen
Jahren damit befassen, ihre ge-
dankliche Nichtigkeit durch das
prunkende Costüm glitzernder Verse
preiswürdiger zu gestalten, ist nun-
mehr auch Herr Max Bernstein
getreten. Herr Bernstein hat vor-
dem belanglose Bluetten geliefert,
sich aber bald als Gatte der Dich-
terin Rosmer einen Namen gemacht.
Schon glaubte man Herrn Bern-
steins dramatischen Drang zum
Schweigen gebracht, und durfte
sich der angenehmen Illusion hin-
geben, der Münchner Advocat habe
für lange Zeit in der dichterischen
Production seiner in jedem Belang
besseren Hälfte vollste Befriedigung
gefunden. Leider hat sich diese
Erwartung als trügerisch erwie-
sen, und das deutsche Theater-
publicum muss nun erfahren, dass,
während Frau Rosmer von Erfolg
zu Erfolg eilte, der Gatte auch
nicht müssig war. Das Burgtheater,
dessen Directoren sich bisher in
der Vernachlässigung des Rosmer-
schen Talentes gefielen und ihre
Aufmerksamkeit ausschliesslich den
Bernstein’schen Producten zu-
wendeten, hat sich selbstverständ-
lich beeilt, auch den »Mädchen-
traum« seinem Publicum vorzu-
führen. Der Autor hat diesmal ein
»Spiel« mit der eigenen Gedanken-
armut gewagt. Eine Erzählung
des Inhaltes dürfte überflüssig sein,
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da dieser ja schon vor Abfassung
des Stückes hinlänglich bekannt war.
Herr Bernstein versucht es, die
Mädchenträume einer weltfremden
jungen Regentin durch die Er-
fahrungen der Wirklichkeit zu
widerlegen. Wir werden in die
Gedankenwelt eines alten Operetten-
habitues eingeführt, in dessen Gehirn
sich das Erwachen der Liebe aus-
nahmsweise einmal ohne Musik-
begleitung abspielt. Die psycho-
logischen Behelfe des Herrn Bern-
stein entstammen etwa dem Libretto
des »Spitzentuch der Königin«,
nur dass sie der Autor mit dem
prätentiösen Bewusstsein einer lite-
rarischen That handhabt. Kein
besserer Componist würde sich
übrigens mit den Versen, die
im »Mädchentraum« gesprochen
werden, abgeben. Die Darstellung
stand noch unter dem Niveau des
Werkes. Es wurde in einem
unerträglich langsamen Tempo
dahingespielt, und man empfand
so recht, wie liebevoll verweilend
sich Herr Schlenther in die Schön-
heiten der Dichtung vertieft hatte.
Bei Fräulein Medelsky wird man
noch immer nicht den peinlichen
Eindruck des abgerichteten Stars
los, und Herr Reimers entfaltete
ein Naturburschenthum, das noch
weit unerquicklicher berührte als
seine heldenhaften Allüren. Alle
Schwächen des Ensembles liegen
jetzt bloss, nur die Kräfte vierten
und fünften Ranges haben sich
auch unter Herrn Schlenther ihre
alte Unbedeutendheit bewahrt.
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