Wiener Rundschau: Jg. 2, Bd. 3/4, Nr. 17, S. 675

Der Petschenjeg (Tschechow, Anton)

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Wiener Rundschau: Jg. 2, Bd. 3/4, Nr. 17, S. 675

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ENGLÄNDER U. FRANZOSEN I. D. JUBILÄUMS-KUNSTAUSSTELLUNG 675

Fiebertraumes? Aber wir sind bald darüber belehrt. Da neben ihm am
Divan liegt ein dickes, nacktes Weib. Das Weib ist hässlich, von
einer rohen Hässlichkeit, es dehnt sich faul und gähnt. Und das Weib
ist die Natur, »la Nature seule, cette femme bestiale qui dort étendue,
la Nature est sereine et immortelle«. — — — — — — — — —

Das kleine Bild im Künstlerhaus bedeutet etwas Ähnliches. Da
ist wieder das dicke, nackte Weib »cette femme bestiale« und spielt
mit abgeschlagenen Männerköpfen ein grauenhaftes Spiel. Aber das
Weib lacht roh und stemmt den Arm in die Hüfte, sie ist ja »la
Nature, la Nature, qui est seule, sereine et immortelle«, was haben
da Männerköpfe und zerknickte Illusionen zu bedeuten, es ist etwas
von dem Geiste Félicien Rops’, das einem in diesen Bildern von
Veber begegnet, und das Lachen vergeht einem vor ihnen ebenso
gründlich, wie in Ibsens »Gespenstern«. Mich wenigstens hat kaum
irgend ein anderes Bild so dämonisch berührt wie dieser »homme aux
poupées«, dieser bleiche, nervöse Moderne mit der grossen bestialischen
Natur neben sich, die das Weib ist, dem er sich verschworen hat.

Mit der Erwähnung dieser Bilder glaube ich das interessante
in der französischen Abteilung der Jubiläums-Ausstellung so ziemlich
erschöpft zu haben und verweise nur noch auf die Bilder von Jacques
Emile Blanches und Fritz Thaulow, dem hochbegabten in Dieppe
lebenden Norweger, der wie wenig andere in die malerischen Geheim-
nisse des fliessenden Wassers eingedrungen ist.


Zitiervorschlag

Wiener Rundschau: Jg. 2, Bd. 3/4, Nr. 17, S. 675, in: Wiener Rundschau Digital (1896–1901), herausgegeben vom Austrian Centre for Digital Humanities (ACDH), Wien 2025 (https://acdh-oeaw.github.io/wiener-rundschau-static/WR-02-02-17_n0675.html)