Wiener Rundschau: Jg. 2, Bd. 3/4, Nr. 22, S. 834
Die menschliche Wahrheit über Bismarck (Bleibtreu, Karl)
Text
schämen, die derlei — übrigens auch obendrein Plagiat — als
Wodans-Weisheit nachlallt. Dass in seinen Briefen viel Frisches,
Munteres, Medisant-Humoristisches sich findet, sei nicht bestritten.
Dass die Mär von seiner völligen Gleichgiltigkeit gegen Poesie und
Kunst unwahr sei, glauben wir gern. Aber kann man sich bei ihm
Ähnliches auch nur vorstellen wie Napoleons Gespräche mit Goethe
und Wieland, mit Laplace und Monge, wobei er u. a. die Natur-
wissenschaftler auf die Welt des unendlich Kleinen hinwies, die
spätere Mikroskopforschung anregte. Für den Wissenden ist es einfach
eine Frechheit, den einseitigen Willensmenschen Bismarck mit dem
Gedankenriesen aus Corsica in einem Athem zu nennen.
(Schluss folgt.)
Zitiervorschlag
Wiener Rundschau: Jg. 2, Bd. 3/4, Nr. 22, S. 834, in: Wiener Rundschau Digital (1896–1901), herausgegeben vom Austrian Centre for Digital Humanities (ACDH), Wien 2025 (https://acdh-oeaw.github.io/wiener-rundschau-static/WR-02-02-22_n0834.html)