Wiener Rundschau: Jg. 3, Bd. 1, Nr. 3, S. 61

HOFMANNSTHAL: DIE ALKESTIS DES EURIPIDES.

Und dafür solch ein Opfer! Pfui! Die schönsten
Früchte bringt man wohl den Gartengöttern,
Damit der wilde Wind in Sommernächten
Die schlechte Vogelscheuche uns verschone?!
Nein! Dass er nicht die edlen Äste breche,
Die Träger goldner Frucht! — Um einen König,
Um einen starken König über Männer
Und Land und Flüsse, einen reichen König
Hat diese sterben dürfen, nicht um einen,
Der eines Königs Puppe. Hör’ Herakles:
Mir starb kein Nahverwandter, nein, ein Weib,
Zwar nöthig hier im Haus, doch eine Fremde.
Sie blieb nach ihres Vaters Tod als Waise
Bei uns. Gleichviel. Todt sind die Todten. Geht,
Schliesst auf die Fremdenhallen. Du lauf hin
Und heiss’ sie Speisen bringen für den Gast,
Nur hinter ihm verschliesst die Thür, ihn soll
Es nicht im Schmausen stören, wenn sie hier
Die Todtenlieder singen, wie sich’s ziemt.

(Er schliesst mit schwankender Stimme.)

Geh’ jetzt hinein verzeih’ Du siehst mich später!

Herakles.

Zum König Diomedes geht mein Weg.

Der alte Mann.

Da musst Du über öde düstre Berge
Wo alles Leben starrt und alles Licht
Von grundlos tiefen Weihern stumm verschluckt wird.

Der Jüngling.

Doch was entreissen willst Du diesem König?

Herakles.

Kein schönes Weib, Dein Auge blitzt umsonst:
Nur seine Rosse brauch ich —

Irgend einer.

Weh’, die wilden!
Die aus den Nüstern Feuer sprüh’n und denen
Statt Heu lebend’ge Menschen in die Krippe
Zu grauenvollem Frass geworfen werden!

Herakles.

Die eben locken meinen Herrn, Eurystheus,
Den König, dem ich diene. Ich begreif’s,
Dass wer die Hesperidenäpfel hat
Und wer der Amazonenkönigin
Knirschenden Gürtel seiner jungen Tochter
Zum Zierat um die Mitte legen kann,
Dass der im Stall gerade nur die Rosse
Des Diomedes will.

Stimmen.

Der König kommt!

(Admet, in Trauerkleidung tritt aus dem Hause).

Admet.

Ich grüsse Dich, Herakles, Sohn des Zeus.