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Der Occultist steht auf einem höheren
Standpunkte, er sieht den Menschen nicht
nur als ein materielles, sondern als ein
geistiges Wesen und er unterscheidet in
ihm folgende Elemente:
1. Die materielle Natur oder den sicht-
baren Körper, der aus sinnlich wahr-
nehmbaren Stoffen gebildet ist. Er ent-
spricht dem Reiche des Materiellen in
der sichtbaren Welt.
2. Die Lebensenergie, welche sich als
Lebensthätigkeit in den verschiedenen
Organen äussert.
3. Den ätherischen oder unsicht-
baren »Astralkörper« des Menschen,
welcher die Grundlage des sichtbaren
Körpers ist. In jedem Dinge ist eine
solche unsichtbare Grundlage enthalten.
4. Die menschliche Thiernatur, aus
der die Instincte, Begierden und Leiden-
schaften entspringen. Dies ist die
»thierische Seele«.
5. Die intellectuelle Natur, der Sitz
der Verstandesthätigkeit, der Speculation,
Forschung und Phantasie. Dies ist die
»menschliche Seele«.
6. Die menschlich-göttliche Natur,
welche der Sitz der Intuition, der
directen Erkenntnis der Wahrheit und
der höheren Erleuchtung ist. Dies ist
die »himmlische Seele«.
7. Den göttlichen Geist; d. h. das
wahre Selbstbewusstsein, welches keinen
Egoismus kennt und in selbstloser Liebe
die ganze Welt und alle Geschöpfe
umfasst.
Ob diese Eintheilung richtig ist, davon
kann sich jeder selbst überzeugen, wenn
er sich selber erforscht und erkennt,
womit ich aber nicht sagen will, dass es
für jeden ein Leichtes ist, die in ihm
schlummernde Gottesnatur zu erwecken
und zu erkennen, denn sonst hiesse es
auch nicht in der Bibel; »Wisset ihr nicht,
dass ihr Tempel Gottes seid, und dass
der Geist Gottes in euch wohnet. Der
seid ihr.«
Die vier ersten Principien gehören
der sterblichen Natur des Menschen, mit
andern Worten dem »Fleische«, die zwei
höchsten dem göttlichen Leben, dem
Geiste an. Durch das fünfte, welches im
Indischen Manas (Gemüth) genannt wird,
ist das Unsterbliche mit dem Sterblichen
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verbunden; d. h. es existieren in der
Menschenseele höhere und niedere Seelen-
kräfte; es sind im Gemüthe wahre Er-
kenntnis des Ewigen und vergängliches
Träumen und Forschen miteinander ver-
bunden. Goethe drückt dies in seinem
Faust in den bekannten Versen aus:
»Zwei Seelen wohnen, ach! in meiner Brust,
Die eine will sich von der andern trennen.«
u. s. w.
Sie sind gleichsam die zwei Pole der
Seele, von denen jeder nach seinem Ur-
sprunge gravitiert; das Himmlische nach
dem Ewigen, das Vergängliche nach der
Vernichtung. Jedes Ding strebt nach
Ruhe und findet sie in der Quelle, woraus
es geflossen ist; der göttliche Geist in
Gott, das Irdische und Vergängliche im
Materiellen und in der Vergänglichkeit.
Die Neigungen, Talente, Begierden,
Charaktereigenschaften u. s. w., welche
zum sterblichen Wesen des Menschen
gehören, werden von den Buddhisten
Skandha’s, von den christlichen Mystikern
»das Fleisch« genannt. Wenn der Christ
in seinem Glaubensbekenntnisse sagt: »Ich
glaube an die Auferstehung des Fleisches,»
so drückt er, vorausgesetzt, dass er den
Sinn dieser Worte richtig versteht, seinen
Glauben an die Wiederverkörperung gerade
so aus, wie der Buddhist, welcher sagt:
»Ich glaube an ein Wiederzusammentreten
der Skandha’s«; denn es ist nicht der
physische oder psychische Organismus des
Menschen, welcher in einen neugebornen
Körper hineinwandert, sondern die geistigen
Elemente, welche die frühere Persönlichkeit
des Menschen als individuellen Charakter
darstellten, bauen sich auf ganz natür-
lichem Wege eine neue Persönlichkeit
auf, ein neues Haus, welches sie wieder be-
wohnen. Somit treten der Geist und die
Seelenkräfte des Menschen in einer neuen
Erscheinung auf, gleichsam wie ein Schau-
spieler, der immer derselbe Mensch ist,
wenn er auch an verschiedenen Abenden
unter verschiedenen Masken auf der Bühne
auftritt und verschiedene Rollen nach-
einander spielt.
Um uns von dem Vorgange bei der
Wiederverkörperung eine richtige Vor-
stellung zu machen, müssen wir fähig
sein, zwischen den allgemeinen unsicht-
baren Principien oder Kräften, und den
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