|
Vor wenigen Tagen — am 5. August
1899 — ist der unermüdliche Vorkämpfer
des modernen deutschen Occultismus,
Dr. phil. Freiherr Carl du Prel, in Heilig-
kreuz bei Hall in Tirol aus diesem Leben
geschieden, um es mit einem Dasein zu
vertauschen, dem er seit langen Jahren
mit philosophischer Ruhe entgegenzublicken
gewohnt war.
»Der Tod, das Jenseits, das Leben
im Jenseits«, dies war der Titel, den
er seiner letzten, Ende 1898 verfassten
Schrift gegeben hatte. Kaum hatte er
diese vollendet, da zeigten sich bei ihm,
dem über unermüdlicher Arbeit rasch
Gealterten, schon die Anzeichen, dass
sich nun auch ihm selbst die Pforten dieses
Jenseits bald erschliessen werden. Die
Fortdauer der menschlichen Seele in diesem
Jenseits zu beweisen, war die Aufgabe, die
er sich in den letzten fünfzehn Jahren
seines arbeitsamen Lebens gestellt hatte.
Jetzt hat er dieses Jenseits selbst erreicht,
für das er geistig gerungen und gestritten,
dessen Existenz einer alles Übersinnliche
bezweifelnden und bewitzelnden Generation
nachzuweisen er sich jahrelang abge-
müht hatte. Sicherlich war dieses Ringen
nicht vergeblich. Wer im verflossenen
Frühjahr in die zahlreichen deutschen und
ausserdeutschen periodischen Schriften
occultistischer Richtung einen Blick warf,
der konnte sich überzeugen von der überaus
warmen und begeisterten Verehrung, die
sich gelegentlich der Feier des 60.
Geburtstages des Dahingegangenen in den
Spalten dieser Blätter kundgab. Ja, die
Zahl Derer, die in dem Dahingeschiedenen
ihren Führer und Meister verehrten, ist,
zumal in allen Ländern deutscher Zunge,
|
sehr gross. Überall im In- und Ausland,
wo heutigen Tages das Studium des
Occultismus die Menschen aus den engen
Schranken des bloss sinnlich Wahrnehm-
baren befreit und sie im Geiste hinaus-
führt in die intelligible, oder, wie du Prel
sie nannte, die transcendentale Welt,
unter den psychologischen Forschern Gross-
britaniens, den Spiritualisten Nordamerikas,
den Occultisten theosophischer Richtung
Indiens — überall wird der Name unseres
deutschen Forschers und Denkers geschätzt
und geachtet, und somit wohl auch überall
die Nachricht seines Dahinscheidens mit
Trauer aufgenommen werden.
Über du Prels so ausserordentlich
fruchtbares literarisches Wirken ist ge-
legentlich seines 60. Geburtstages vor
wenigen Monaten viel geschrieben worden.
Es ist deshalb wohl auch nicht nöthig,
den Entwicklungsgang unseres Philosophen
hier noch einmal breit zu schildern. Be-
gonnen hat er diese literarische Thätigkeit
bekanntlich nicht als Occultist, sondern
als Darwinist. 1872 erschien dasjenige
Werk, welches — es war eine seiner
ersten Schriften — von allen seinen
Arbeiten bei der eigentlichen Gelehrten-
welt am meisten Anklang gefunden hat:
»Der Kampf ums Dasein am Himmel«.
Hier wendet er in äusserst scharfsinniger
Weise das von Darwin auf die Thierwelt
bezogene Gesetz von der indirecten Aus-
wahl des Zweckmässigen auf die Sonnen-
systeme des Weltalls an. Den damit be-
tretenen Pfad eines ganz und gar selbst-
ständig vorgehenden Philosophen der
Astronomie verfolgt er auch in dem
darauffolgenden Werke: »Die Planeten-
bewohner und die Nebularhypo-
|