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Es ist noch nicht lange her, seit
Deutschland, wie auch der übrige Theil
der Länder Europas, im Sumpfe des blinden
Materialismus versunken war. Die wissen-
schaftlichen Koryphäen des Landes, das
einen Jacob Böhme, Kant, Schopen-
hauer, Goethe, Schiller, F. Rückert,
Eckartshausen, Kerning u. s. w. her-
vorgebracht hatte, schienen allen Sinn und
alle Empfindung für das Geistige, Gött-
liche, Erhabene und Ideale, das doch be-
kanntlich das Einzig-Reale ist, verloren zu
haben und träumten auf ihren Schulbänken
nur mehr von todtem Stoffe und blinder
mechanischer Bewegung. Es war Mode
geworden, den Glauben an alles, was man
nicht mit den Händen greifen kann, für
eine Ketzerei zu erklären, das Vorhanden-
sein eines allgemeinen Lebensprincips, das
sich in den verschiedenen Daseinsformen
als Lebensthätigkeit offenbart, abzuleugnen,
die Existenz der Seele, d. h. der Indivi-
dualität zu bespötteln, und der Begriff der
Unsterblichkeit war so weit herabgesunken,
dass man glaubte, dieselbe bestehe darin,
sich einen »grossen Namen« zu machen
d. h. irgend etwas zu thun, wovon die
Leute noch lange nach dem Tode des
Urhebers reden würden; eine Art von
Unsterblichkeit, die sich auch ein jeder
hervorragende Verbrecher mit Leichtigkeit
verschaffen kann. Wenn man den »Philo-
sophen« der damaligen Zeit Glauben
schenken darf, so giengen ihre höchsten
idealen Bestrebungen dahin, nach dem Tode
mit dem Körper wieder zur todten Ma-
terie erniedrigt zu werden, anstatt sich
über das Materielle zu erheben, und wir
erinnern uns an den Nachlass eines viel-
gerühmten Gartenlauben-Poeten, der bei
seinem Selbstmorde ein Gedicht hinterliess,
in dem er triumphierend hervorhob, jetzt
»wieder Erde« zu werden.
Heutzutage ist dieser damals unter den
»Gebildeten« herrschende Materialismus
so ziemlich auf das Niveau der ordinären
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Bierhausphilosophen und Weinreisenden
herabgesunken, und wenn auch mancher
Gelehrte sich fürchtet, seinen Doctortitel
zu schädigen, wenn er öffentlich gegen
diesen Aberglauben auftreten oder etwas
behaupten würde, das er nicht durch hand-
greifliche Experimente beweisen kann, so
glaubt doch heutzutage kein vernünftiger
Mensch mehr in seinem Herzen an die
Identität des Menschen mit seinem Cadaver
und die Unterscheidung zwischen dem, was
im Menschen vergänglich und was in ihm
unvergänglich ist, bricht sich überall Bahn.
Der Tod von Ludwig Büchner, des
Verfechters des Materialismus, hat kaum
noch Beachtung gefunden, und der Name
des Affenvogtes erfreut sich nur mehr der
Lächerlichkeit in der Rumpelkammer der
Erinnerungen an die Verirrungen einer von
Unverstand und Grössenwahn durch-
drungenen, im Mantel der Wissenschaft
paradierenden Nichtwisserei.
Diese Umwandlung der Denkweise ver-
dankt Deutschland zum grossen Theile
den unermüdlichen Bestrebungen und
Kämpfen von Dr. Carl du Prel, dessen
Schriften, mehr als viele andere, die Auf-
merksamkeit des denkenden Publicums auf
das Studium übersinnlicher Thatsachen und
deren Gesetze geleitet haben. Du Prel
glaubte die Beweise für die Fortdauer der
Persönlichkeit des Menschen in den Er-
scheinungen des modernen Spiritismus ge-
funden zu haben, und wenn es ihm auch
dabei nicht gelungen ist, in das innerste
Heiligthum der Seele einzudringen und
die Geheimnisse des göttlichen Daseins
der Menschenseele zu ergründen, wie sie von
Böhme, Meister Eckhart etc. beschrieben
werden, so hat er doch einen grossen
Schritt nach vorwärts gemacht, und seine
durch die inductive Methode erlangten
Schlussfolgerungen nähern sich in manchen
Beziehungen den Lehren der grossen
Weisen und Heiligen, welche diese Ge-
heimnisse durch die Erhebung der Seele
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