Wiener Rundschau: Jg. 3, Bd. 2, Nr. 21, S. 489
Text
VON ALGERNON CH. SWINBURNE
UMDICHTUNG
VON HEDWIG LACHMANN
II.
Zerdrückter Traubensaft vom Bacchanal
Färbt ihre Brust mit Schatten, bläulich, fahl,
Wo ich noch eben, bis zum Tod geschwächt,
Mit meinen Lippen aufgedrückt ein Mal.
Aus kurzer Lust gejagt in neue Sucht,
Will ich sie fliehen — doch auf halber Flucht
Kehr’ ich zu ihr zurück, ihr ärmster Knecht,
Zu Allem, denn zu ihrem Dienst — verrucht.
Durchs Thor des Todes, das ihr Reich verschliesst,
Blick’ ich, dieweil des Schlummers sie geniesst,
In das verworrne Grenzland, wo der Schwall
Der unerlösten Seelen sich ergiesst.
Blind, nackend, ungestalt, seh’ ich den Tross
Der Missethäter in dem Riesenschoss,
Der wirbelnd dampft von Moder und Zerfall
Und seine Beute anhäuft Stoss auf Stoss.
Zitiervorschlag
Wiener Rundschau: Jg. 3, Bd. 2, Nr. 21, S. 489, in: Wiener Rundschau Digital (1896–1901), herausgegeben vom Austrian Centre for Digital Humanities (ACDH), Wien 2025 (https://acdh-oeaw.github.io/wiener-rundschau-static/WR-03-02-21_n0489.html)