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Am Ende des XVI. Jahrhunderts machte
sich das weltliche Drama neben dem
geistlichen geltend, das immer mehr
zurückgedrängt wurde. In Spanien er-
reichte das letztere in den Schöpfungen
eines Lope de Vega und Calderon
de la Barca seinen Höhepunkt. Im katho-
lischen Deutschland erhielten sich die
Passionsspicle noch in verschiedenen
Gegenden, namentlich in den abge-
schloßenen Gebirgtsthälern in Baiern und
Oesterreich. Am Ende des XVIII. Jahr-
hunderts, während der Aufklärungsperiode,
wurde deren Aufführung allerorts ver-
boten. Jedoch erhielten sich noch einige
Spiele bis in unsere Zeit. Nur hat man
sich bemüht, die anstößigen Teufels-
und Judenscenen aus denselben zu be-
seitigen. Von diesen noch vorhandenen
Spielen ist das berühmteste das Ober-
ammergauer Passionsspiel. Bekannt
ist auch das Passionsspiel von Brix-
legg. In den letzten Jahren führte
man auch ein solches in Stieldorf
in der Rheinprovinz auf. Besonders
beliebt scheinen in neuerer Zeit die geist-
lichen Spiele in Süditalien und Sicilien
zu werden. Über dieselben hat Th. Trede
in seinem Werke »Das geistliche Schau-
spiel in Süditalien« berichtet. — Die
Benediktiner, welche bekanntlich den
altlithurgischen Gottesdienst zu fördern
suchen, haben im Jahre 1897, am
weissen Sonntag, in der Kirche ihrer
Abtei Emmaus in Prag ein altes lithur-
gisches Osterspiel zur Darstellung gebracht.
Dieser Versuch, das alte lithurgische Drama
in den Kirchen wieder einzuführen, hat
grosses Aufsehen erregt, und man wird
auch die weiteren Bemühungen der be-
rühmten Benediktiner in dieser Hinsicht
mit Interesse verfolgen, wenn man auch
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sehr bezweifeln muss, ob solche Spiele
noch im XX. Jahrhundert ein künst-
lerisches oder auch nur religiöses Be-
dürfnis sind.
Litteratur: F. J. Mone, Altdeutsche
Schauspiele, Quedlinburg, 1841; Schauspiele
des Mittelalters, Carlsruhe, 1846, 2 Bde.; H.
Alt, Theater und Kirche in ihrem gegensei-
tigen Verhältnis historisch dargestellt. Berlin,
1846. Ph. E. Devrient, Geschichte der
deutschen Schauspielkunst I., Leipzig, 1848.
Pichler, Ueber das Drama des Mittelalters
in Tirol. Innsbruck, 1850. Carl Hase, Das
geistliche Schauspiel, geschichtliche Uebersicht,
Leipzig, 1858. Clarus, Das Passionsspiel in
Oberammergau, 2. Aufl., München, 1866. E. de
Coussemaker, Drames liturgiques du moyen
âge. Paris, 1861. H. Holland, Die Entwick-
lung des deutschen Theaters im Mittelalter und
das Ammergauer Passionsspiel. München, 1861.
Heinrich Reidt, Das geistliche Schauspiel des
Mittelalters in Deutschland, Frankfurt a. M.,
1868. E. Wilken, Geschichte der geist-
lichen Spiele in Deutschland, Göttingen 1872.
Ueber die kritische Behandlung der geistlichen
Spiele, 1873. Callenberg, Das geistliche
Schauspiel des Mittelalters (Programm), Mühl-
hausen in Th. 1875. Carl Weinhold, Weih-
nachtsspiele und Lieder, neue Auflage. Wien,
1875. Gustav Milchsack, die Oster- und
Passionsspiele I., Wolfenbüttel, 1886. Léon
Gautier, Histoire de la poésie liturgique
au moyen âge. Les tropes. I. Paris, 1886.
J. Fehr, Das religiöse Schauspiel des Mittel-
alters, 1887 (Frankfurter zeitgemäße Brochüren.
VIII). Karl Lange, Die lateinischen Oster-
feiern. München, 1887. W. Creizenach,
Geschichte der neueren Dramas. I., Halle a. S.,
1893. Bahlmann, Die lateinischen Dramen
von Wimpheling’s Stylpho (1480) bis zur Mitte
des XVI. Jahrhunderts. Münster, 1893. Alfred
Hauffen, Über das Höritzer Passionsspiel
(Sammlung gemeinnütziger Vorträge. Nr. 192),
Prag, 1894. Paul Weber, Geistliches Schau-
spiel und christliche Kunst. Stuttgart, 1894
(Diss.) R. Heinzel, Beschreibung des geist-
lichen Schauspiels im deutschen Mittelalter.
Hamburg und Leipzig, 1898.
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