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Deutscher geworden, indem er fast die
gesammte heutige Malerei Deutschlands in-
spirierte und jetzt noch befruchtet?
RUSSLAND.
Eine russische Schule gibt es nicht.
Aber es gibt russische Maler. Und zwei unter
ihnen sind von unvergleichlicher Originalität:
Repin und Maliavine.
Repin ist der Meister. Aber der Schüler
kommt hier dem Meister gleich. Alle beide
sind Maler des Haufens, des armen Volkes,
der Muschiks, die von Freude oder Alkohol
trunken scheinen. Repin ist nur durch
Porträts vertreten; aber von Maliavine ist ein
ungewöhnliches Bild da, das Lachen: es stellt
Bauern dar, die — in Roth gekleidet — aus
ganzem Herzen lachen. Das ist eines der
kühnsten Werke, die ich seit langer Zeit ge-
sehen. Dieser junge Künstler (er soll erst
siebenundzwanzig Jahre alt sein) wird höchst-
wahrscheinlich ein Maler allerersten Ranges
werden.
Zu signalisieren ist ferner — in der näm-
lichen Section — das entzückende Porträt
einer sehr brünetten jungen Frau von Walentin
Serov: Schwarz, Weiß, Blau, Gelb und Rosa
sind da zu einem Ganzen gestimmt, das eine
fast allzu verführerische Vision gibt.
SKANDINAVIEN.
Höchst interessant ist die Kunstbewegung
des Nordens. Lange genug waren die Künstler
dieser Länder den deutschen und französischen
Schulen gefolgt. Jetzt sind sie eben daran,
Persönlichkeit zu erringen. Dazu war — wie
ja auch ehedem in den Kunst-Entwicklungen
der continentalen Staaten — nichts anderes
nothwendig, als: Selbstbescheidung; sie blieben
in ihrer Heimat, blieben bei sich selber und
malten die Natur inmitten des vertrauten Milieus,
in dem sie geboren worden; das verstanden
sie am besten, und da kam ihnen auch die
Liebe am besten zu Hilfe.
So hat sich in SCHWEDEN eine neue
Landschafter-Schule gebildet. Ihre hauptsäch-
lichsten Vertreter sind: Carl Nordström, der
die wildesten Gegenden zu idealisieren weiß,
ohne ihnen das Ursprüngliche ihres Charakters
zu nehmen; Bruno Liljefors, der die Thiere
des Waldes in ihrer Einsamkeit, Pracht und
Raubgier malt; Per Ekström, Carl Wil-
hemson, die zu den Jüngsten der Gruppe
gehören, u. v. a. Nebenher muss man auch
Alfred Wahlberg nennen, der — ein Schüler
Corots und Rousseaus — französische
Einflüsse verräth und im übrigen mehr tech-
nisches Talent als Originalität zeigt. Aus
anderen Gründen sei eines Malers Erwähnung
gethan, der hier inmitten der übrigen wenig
zur Geltung kommt, im Grunde aber als einer
der besten Maler Europas fast allerwärts ge-
schätzt wird. Es ist Anders Zorn. Sein Porträt
des Königs Oscar ist voller Leben und Ein-
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fachheit. Es ist zugleich eines der bemerkens-
wertesten und hervorragendsten Bildwerke der
gesammten Ausstellung.
Von den FINLÄNDERN, die Arm in Arm
mit den Schweden gehen, bleiben drei Namen
im Gedächtnis: Edelfelt, der seine Kunst
in Frankreich gelernt hat, in seinen Land-
schaften aber Fine bleibt; Ero Järnefelt,
der von besonderer Zartheit ist; Axel Gallén,
von dem die wunderlichen Fresken herrühren,
die den finländischen Pavillon in der Rue des
Nations zieren.
Die Schweden haben Grazie und Distinc-
tion. Die Norweger sind geflissentlich rauh
und hart. Im übrigen ist ihre Sonder-Ab-
theilung durchaus mittelmäßig; fast kann
man nicht glauben, dass sie den tatsächlichen
Stand der norwegischen Kunst vermitteln soll.
Gleichwohl bleibt man vor einem Bilde
Werenskiolds stehen: es stellt Ibsen dar.
Hier sind auch einige Arbeiten Thaulows,
und das reicht hin, die Ehre Norwegens zu
retten. Thaulow, den man ja schon seit Jahren
kennt, schätzt und liebt, ist geschickt genug,
die Dinge von ihrer angenehm malerischen
Seite zu zeigen. Ein berückender Colorist,
der vom Norwegischen nur den Namen hat.
DÄNEMARK ist gleichsam ein zweites Holland.
Die gleiche Sonne, die Natur gleich üppig und
reich; derselbe ehrenhafte, ein wenig schwer-
fällige, aber gerade Charakter; die nämliche
Vorliebe für Intimität und familiäre Beziehungen.
Und in gleicher Weise ist auch die Malerei
dieses Landes streng gewissenhaft, sachlich,
ein bischen monoton und geflissentlich senti-
mental. Die besten Dänen sind: Viggo
Johansen, ein Maler des traulich-bürger-
lichen Lebens; Julius Paulsen, der eine ver-
stimmende Neigung zu caricaturistischen Stili-
sierungen hat; L. Tuxen, ein correcter Por-
trätist; P. S. Kröyer, der in seiner allerwärts
bekannten Art pleinairistische und Intérieur-
Scenen gleich trefflich behandelt; W. Ham-
mershöj, ein Maler der Stille; Johann Rohde,
ein Landschafter, dessen Einfachheit rührt.
Im allgemeinen erinnert die dänische
Malerei der Gegenwart in verblüffender Weise
an die holländische Malkunst des siebzehnten
Jahrhunderts.
JAPAN.
Die japanischen Künstler machen es jetzt.
wie es scheint, den japanischen Staatsmännern
und Kriegern nach, die — allem Neuen hold —
im politischen Concert der Mächte immer mehr
und mehr zu Wort kommen. Die Soldaten
vertauschen Streitaxt und Keule mit Gewehren
und Geschützen allermodernsten Kalibers, die
Maler werfen Papier und Wasserfarben bei-
seite und wollen fast nur mehr mit Öl und
Leinwand zu thun haben. Sie machen jetzt
Bilder, die — von weitem gesehen — euro-
päischen Bildern gleichen; nichts fehlt da, was
uns geläufig ist — selbst der Rahmen aus ver-
goldetem Gips hat sich eingestellt.
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